Nemmersdorf – ein idyllisches Dorf im Landkreis Bayreuth. In der Nähe des Fichtelgebirges wohnen hier knapp 800 Menschen. Die Markgrafenkirche im Ort prägt das Erscheinungsbild des Orts – und birgt ein dunkles Geheimnis.

Ursprünglich eine Wehrkirche wurde sie im 13. Jahrhundert erbaut. Heute zählt sie als Markgrafenkirchen, weil unter Markgraf Friedrich zahlreiche Veränderungen vorgenommen wurden. Unweit der Kirche befindet sich der Friedhof von Nemmersdorf. Ein paar Schritte davon entfernt befindet sich jedoch noch ein einsames Grab, die Nemmersdorfer bezeichnen es als "Ulmersgrab".

Im "Ulmersgrab" liegt der Pfarrer aus dem 18. Jahrhundert 

Jenseits der Friedhofsmauern wurden traditionell hingerichtete Schwerverbrecher, Selbstmörder oder ungetaufte Kinder verscharrt. Die geweihte Erde wollte man ihnen nicht gönnen. Im "Ulmersgrab" jedoch liegt ein ehemaliger Pfarrer von Nemmersdorf, Johann Christoph Ulmer.

Die lateinische Inschrift des Grabsteins hat viele Sagen und Legenden befeuert. Übersetzt man sie ins Deutsche, lautet sie:"Durch widrige Geschicke ermattet hat hier Ruhe gefunden Johann Christoph Ulmer, geboren zu Döhlau 1747, Pfarrer in Nemmersdorf vom Jahre 1788 bis 1827. Nicht stören wollen die Nachkommen meine Gebeine."

Die Inschrift des Grabsteins sorgt für Aufsehen

Gerade der letzte Satz wurde von einigen als Drohung verstanden. Zu Unrecht, wie der Nemmersdorf Kirchenvorstand Siegfried Tröger findet. Der pensionierte Lehrer erklärt, Pfarrer Ulmer habe einfach nur eine "ewige Ruhestätte" für sich gewollt.

"Nach spätestens 50 Jahren werden auch Pfarrersgräber neu belegt, und das wollte Ulmer nicht."

Die Vorkommnisse in Nemmersdorf befeuern Fluch-Fanatiker 

Aber die Nemmersdorfer verbreiteten lieber die Legende vom Fluch Ulmers. So soll der Geistliche, den Tröger als "streitbar" bezeichnet, den Fluch "Welcher Nachfolger mir meine Bäume wegschlägt, dass mir die Finken nicht mehr ihr Morgenlied darbringen können, soll keine zehn Jahre mehr leben" ausgesprochen haben. Und natürlich sollen sich immer wieder Geistliche an dem Birkenwäldchen zu schaffen gemacht – und kurz danach den Tod gefunden haben. 

Tröger sieht das Ganze nüchtern: "Da waren Pfarrer da, die waren zu Beginn der Amtszeit schon weit über 70, die sind einfach gestorben mit 76, ganz natürlich." Allerdings räumt er ein:

"Ich habe mal nachgeforscht, und tatsächlich sind bis auf einen Pfarrer alle im Amt gestorben."

Die Auswahl des Grabplatzes war an viele Bedingungen geknüpft 

Und noch eine Geschichte wird im Dorf erzählt: Sein Sohn soll sich in die schöne Schlossherrin von Nemmersdorf verliebt haben. Der Alte aber habe das mit Missfallen gesehen – schließlich war die Dame ganze 15 Jahre älter als sein Sprössling. Ulmers Sohn verstarb früh. Die Schlossherrin starb neun Jahre später und wurde nicht in ihrer Familiengruft beigesetzt, sondern, ihrem Letzten Wunsch folgend, neben ihrem Geliebten auf dem Nemmersdorfer Friedhof.

Ulmers Kommentar dazu angeblich:

"Wo dieses Weib begraben liegt, will ich nicht begraben sein."

Allerdings stellt Tröger klar, dass auch das so nicht stimmen könne. Denn Ulmer hätte ja auch die Beisetzung verhindern können – er habe sie aber erlaubt. 

Das Grab wird bewusst gemieden 

So ranken sich ums Ulmersgrab also Geschichten und Legenden, die sich alle historisch nicht genau klären lassen. Klar ist, das Ulmer ein angesehener Pfarrer war, der gern mal den Streit suchte, sowohl mit seiner Gemeinde als auch mit den Obrigkeiten. 

Momentan ist Nemmersdorf übrigens ohne Pfarrer. "Das hat aber andere Gründe", erklärt Tröger lachend. Er glaube nicht, dass sich die Sage bis nach München verbreitet habe. 

Evangelische Kirchen in Bayern

Entdecken Sie die Geheimnisse und Kuriositäten in evangelischen Kirchen in Bayern - mit unserer Serie zum Thema. Wenn Sie regelmäßig mehr erfahren möchten über das kirchliche Leben in Bayern, dann abonnieren Sie hier unsere Print-Serie.

In unserem Themenspecial "Evangelische Kirchen in Bayern" lernen Sie die schönsten evangelisch-lutherischen Kirchen in Bayern kennen. Auf Instagram sind wir zu finden unter dem Hashtag #evangelischekirchebayern

Evangelische Dekanate in Bayern

Im evangelischen Bayern gibt es insgesamt 66 Dekanatsbezirke. Sie umfassen insgesamt 1538 Kirchengemeinden. Die Dekanate oder Dekanatsbezirke organisieren das kirchliche Leben in einer Region. Die Dekanatsbezirke sind wiederum in sechs Kirchenkreisen zusammengefasst. In unserem Dossier stellen wir alle evangelischen Dekanate in Bayern vor.

Das Sterberegister von Nemmersdorf.
Das berüchtigte Ulmersgrab.