Bei der Linken etwa ist das Thema Kirche öfter einmal damit verbunden, etwas abschaffen zu wollen: die Militärseelsorge etwa oder das kirchliche "Sonderarbeitsrecht" bei Kirche, Diakonie oder Caritas. Der AfD geht es vor allem ums Abwehren – Flüchtlinge zum Beispiel: Die Rechtspartei will die Kirchenasyl-Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Kirchen auflösen.

Ein Kernthema sind Kirche und Religion bei den Politikern nicht

Über die Wertschätzung der Parteien für Kirche und Religion ist daher mit den reinen Zahlen nichts gesagt. Eines aber machen sie deutlich: Ein Kernthema sind Kirche und Religion bei den Politikern nicht. Nimmt man alle Absätze zusammen, in denen sich die Parteien in ihren Programmen zu Kirchen, Religionsgemeinschaften, kirchlichen Aufgaben oder religiösen Anschauungen äußern, dann kommt man – großzügig geschätzt – auf gut fünf Seiten. Die Wahlprogramme der sechs Parteien zusammen haben insgesamt jedoch mehr als 900 Seiten. Das zeigt: Kirche und Religion finden für die Politik nur am Rande statt.

Natürlich bekennen sich alle Parteien zur Religionsfreiheit. Einige betonen den Beitrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften für das Gemeinwesen (CDU/CSU), den gesellschaftlichen Zusammenhalt (Grüne) oder loben deren gesellschaftliches Engagement (SPD). Manche wollen die Sonntagsruhe erhalten (CDU/CSU, Linke), andere das kirchliche Arbeitsrecht abschaffen oder reformieren (FDP, Grüne, Linke, SPD). Sehr viel mehr aber hat in den Konzepten nicht Platz.

Die Kirchen tun viel Gutes, aber sie reden oft zu wenig darüber

Man kann dies als Versäumnis der Parteien sehen. Die mangelnde Wahrnehmung der Kirchen durch die Politik hat aber auch mit deren eigener Zurückhaltung zu tun. Die Kirchen tun viel Gutes, aber sie reden oft zu wenig darüber. Die christlichen Kirchen haben zusammen mehr als 42 Millionen Mitglieder.

Haupt- und Ehrenamtliche leisten in Gemeinden oder Sozialwerken Tag für Tag enorme Arbeit in Seelsorge, Pflege, Mitmenschlichkeit. Wer will, dass dies wahrgenommen wird, muss die Politiker immer wieder darauf hinweisen, muss lieber laut sein als leise. Sonst bleibt Kirche auch künftig für die Parteien kaum mehr als eine Fußnote.