Einen deutlichen Anstieg von Kunden verzeichnen die Tafeln in den bayerischen Großstädten seit Beginn des Ukraine-Kriegs. In Nürnberg hätten sich bereits 1.300 Geflüchtete für die wöchentliche Essensausgabe registriert, sagte Johannes Stieg, stellvertretender Leiter. "Perspektivisch rechnen wir mit etwa 2.500 zusätzlichen Kunden", sagte er im Sonntagsblatt-Gespräch.

Bei 4.500 Stammkunden sei das ein Anstieg um ein Drittel. Darüber hinaus biete die Nürnberger Tafel, die vom Bayerischen Roten Kreuz getragen wird, derzeit täglich 1.000 warme Mittagessen für ukrainische Geflüchtete in ihren Räumen. Insgesamt seien 250 Ehrenamtliche im Einsatz, so Stieg.

Ähnliches Bild in Erlangen

Ein ähnliches Bild zeigt sich - in kleinerem Maßstab - bei der Tafel in Erlangen, die von der Diakonie organisiert wird. Am ohnehin stark frequentierten Mittwoch seien zu den rund 90 Stammkunden plötzlich noch 35 ukrainische Kriegsflüchtlinge vor der Tür gestanden, berichtete Tafel-Leiter Johannes Sikorski dem epd. "Unsere Mitarbeiter haben im Gespür, wie viel sie ausgeben können, und wir füllen bei Bedarf auch aus dem Lager auf", so Sikorski. Dennoch könne es passieren, "dass dann jeder etwas weniger bekommt". Er appelliere an den Solidaritätsgedanken bei den Tafelkunden: Jeder habe Hilfe nötig, und die ukrainischen Geflüchteten derzeit in besonderem Maße.

Bei der Münchner Tafel wiederum erwartet man für diesen Samstag 700 neu registrierte Ukrainer an der zentralen Ausgabestelle am Großmarkt. "Um das zu bewältigen, richten wir eine zweite Schicht ein", berichtete Pressesprecher Steffen Horak dem Sonntagsblatt. Auch wenn die Zahl im Verhältnis zu den üblichen 22.000 Gästen pro Woche nicht nach viel klingt, komme die Münchner Tafel an ihre Grenzen. "Denn es wird gerade deutliche weniger gespendet als sonst", sagte Horak.

Der Verein müsse regelmäßig Ware zukaufen,

"damit keiner hungrig nach Hause geht".

Steigende Energiekosten machen sich bemerkbar

Gleiches berichtete Johannes Stieg aus Nürnberg: "Wir können bei unseren Touren momentan nicht so viel einsammeln." Er vermutet, dass die Supermärkte und Bauern derzeit selbst nicht so viel hätten und sich womöglich bereits die gestiegenen Energiekosten bemerkbar machten:

"Jetzt betteln wir unsere Großunternehmen an, damit sie versuchen, uns Extra-Paletten zu liefern."

Die Erlanger Kollegen versuchen, den Mangel durch Privatspenden auszugleichen. "Der Bedarf an Hygieneartikeln und Milchprodukten ist sehr hoch", sagte Tafel-Chef Sikorski. Weil es bei den Ehrenamtlichen durch Corona oft zu kurzfristigen Ausfällen komme, sei man froh, wenn man die Sachen "frei Haus" gebracht bekomme. In München wiederum setzen die Organisatoren auf Geldspenden: "Durch unsere günstigen Konditionen können wir für 20 Euro viel mehr einkaufen als Privatspender", so der Sprecher. Unisono werben die Tafeln jedoch um mehr Ehrenamtliche, um die aktuelle Herausforderung zu bewältigen.

Keine schnelle Entspannung

Mit einer schnellen Entspannung der Situation rechnen die Verantwortlichen nicht. Die Erlanger Tafel stellt bis 30. Juli gegen Vorlage eines ukrainischen Passes Tafelausweise aus. In Nürnberg bekommen Kriegsflüchtlinge nach der Registrierung an der Ausgabestelle sofort warmes Essen und eine Willkommenstüte - auch ohne die nötigen Behördennachweise.

Und in München reicht ein Anruf bei der Tafel-Hotline, um einen vorläufigen Ausweis zu erhalten. "Der bleibt dann drei Monate gültig, um die Grundversorgung zu überbrücken", sagte Sprecher Steffen Horak. Bis dahin, hofft er, haben sich die Behörden so weit eingespielt, dass auch die Tafeln zu ihrer normalen Arbeitsweise zurückkehren können.