Anfang Juli wurde im Nationalmuseum in Krakau die Ausstellung "Face to Face. Kunst in Auschwitz" eröffnet. Dabei fragte der Direktor des Kunstmuseums, Andrzej Betlej, provokativ: "Warum Nazi-Kunst ausstellen? Warum Dinge ausstellen, die schockierend sind? Sind die ausgestellten Werke überhaupt Kunst? Oder sind sie eher geschichtliche Überlieferungen?" Um genau diese Fragen geht es auch bei der Ausstellung "artige Kunst. Kunst und Politik im Nationalsozialismus", die in Bochum entstanden ist und bis 29. Oktober im Kunstforum Ostdeutsche Galerie (KOG) Regensburg zu sehen ist.

Die Ausstellung "artige Kunst" beschreibt die regimekonforme Kunst der NS-Zeit. Die Werke führen vor Augen, dass die "artige Kunst" im Dienst der Verherrlichung und Selbstdarstellung des Regimes stand. Sie gaukelte eine heile Welt vor, mit Familienidylle, gesunden, kraftstrotzenden Sportlerkörpern und überdimensionierten Prachtbauten und Bauprojekten. Sie entstand während der Zweite Weltkrieg wütete und ganze Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt und ermordet wurden.

Kunst war wichtig für Selbstbild der Nationalsozialisten

"Massenmord, Terror, Leid und Krieg wurden ausgeblendet oder beschönigt, damit die ›artige Kunst‹ systemstabilisierend und entlastend wirken konnte", stellte Agnes Tieze fest. Die Direktorin des Kunstforums Ostdeutsche Galerie kuratierte die Regensburger Station der Ausstellung und übernahm die Schau aus Bochum und ergänzte sie mit Werken aus der eigenen Sammlung.

Kunst und Kultur spielten für das Selbstbild und das Machtbestreben im Nationalsozialismus eine wesentliche Rolle. Seit 1933 wurden Künstler, die in einem individuellen, innovativen Stil arbeiteten und sich kritisch mit sozialen und politischen Aspekten auseinandersetzten, verfolgt, ausgegrenzt und als "entartet" diffamiert. Feme-Schauen wie die Ausstellung "Entartete Kunst" 1937 in München sollten die Bevölkerung glauben lassen, dass der Expressionismus und andere Richtungen der Moderne "krank" und "gefährlich" seien. Stattdessen förderte das NS-Regime eine rückwärtsgewandte Darstellungsweise, die ein verlogenes Gegenbild zur damaligen Realität entwarf.

Landschaftsbilder, Porträts und Stillleben

Die offiziellen Produktionen der NS-Zeit wurden damals in der "Großen Deutschen Kunstausstellung" (GDK) präsentiert, die zwischen 1937 bis 1944 jährlich stattfand. Die jeweilige Auswahl bestimmte eine Jury, darin vor allem Adolf Hitler. Der Großteil der insgesamt 12.550 über die Jahre ausgestellten Exponate waren Landschaftsbilder, Stillleben, Porträts und Genredarstellungen sowie Kleinplastiken.

Nur mit einem geringen Teil wurde offen nationalsozialistische Propaganda betrieben. Der Katalogtext von 1937 verdeutlichte das Ziel der NS-Kunstpolitik: Es sollten einzig künstlerische "Höchstleistungen" präsentiert werden, die "der Größe der aus Blut und Boden, aus nationalsozialistischer Haltung und Weltanschauung geborenen neuen Zeit" Ausdruck verleihen sollten.

Männliche Körper im Mittelpunkt

Im nationalsozialistischen Weltbild war die "reichsdeutsche Frau" für eine möglichst hohe Zahl an Nachkommen zuständig, um die angeblich überlegene "arische Rasse" zu verbreiten. Diese Überhöhung der Mutterrolle drückt sich in der Malerei durch die betonte Darstellung von Müttern umgeben von ihren Kinder sowie der Verwendung religiöser Bildschemen aus. Die NS-Ideologie propagierte zudem ein genormtes germanisches Idealbild, das Künstler wie Ivo Saliger, Arthur Kampf und Arno Breker prägten.

Im Mittelpunkt stand vor allem der männliche Körper, dessen durchtrainierte Muskulatur zwar vor allem bei sportlichen Aktivitäten präsentiert wurde, aber natürlich gleichermaßen die Kraft demonstrierte, die im Kampf eingesetzt werden kann. Physisch und psychisch Kranke sowie ganze ethnische Gruppen wurden hingegen der "rassischen Säuberung" preisgegeben.

Als "entartet" wurde alles gebrandmarkt, das zum einen von der naturalistischen Darstellungsweise abwich und damit die Realität relativierte und Freiraum für Interpretationen bot. Darunter fiel jeglicher experimentelle Umgang mit Farbe und Form, der die moderne Kunst seit dem späten 19. Jahrhundert ausmachte. Stellvertretend für die Moderne und den Aufbruch in die Abstraktion wird in der Ausstellung das "Mädchenbildnis" von Alexej von Jawlensky gezeigt und dem Soldatenporträt von Sepp Happ gegenübergestellt.

Informationen zur Ausstellung

Die Ausstellung "artige Kunst. Kunst und Politik im Nationalsozialismus" im Kunstforum Ostdeutsche Galerie in Regensburg ist bis 29. Oktober zu sehen und dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr sowie donnerstags bis 20 Uhr geöffnet. Mehr Infos finden Sie hier.