"Blasphemische Verhöhung", "Abendmahl verspottet" – solche und ähnliche Schlagzeilen dominierten die Berichterstattung über die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele.
Was war geschehen? In der episch langen Show, die am Freitagabend an und auf der Seine inszeniert wurde, war eine Szene zu sehen, in der mehrere queere Menschen an einem Tisch saßen.
"Verhöhnung des Christentums"
Viele Beobachter*innen glaubten, darin eine Nachstellung des berühmten Gemäldes "Das letzte Abendmahl" von Leonardo da Vinci zu sehen. Das wiederum löste einen Sturm der Entrüstung aus, an dem sich auch die katholische Kirche beteiligte. So sprach die französische Bischofskonferenz von einer "Verhöhnung und Verspottung des Christentums".
Auch der Sportbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Thorsten Latzel, hätte sich "mehr wertschätzende Sensibilität gegenüber gelebter Religion" gewünscht, wie er dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Sonntag verriet.
In den sozialen Medien tobte unterdessen bereits der eine oder andere Shitstorm. Viele Kommentator*innen gaben an, sich von der Darstellung tief beleidigt zu fühlen. Natürlich durfte auch der Hinweis nicht fehlen, dass man sich so etwas mit "dem Islam" nicht trauen würde - was angesichts der auf plumpe Provokation angelegten Mohammed-Karikaturen des französischen Magazins "Charlie Hebdo" vor einigen Jahren zumindest bezweifelt werden darf.
Empörung ist völlig grundlos
Das Beste aber ist: Die Empörung war völlig unbegründet. Denn der Regisseur der Eröffnungsfeier, Thomas Jolly, sah sich mittlerweile genötigt, gegenüber dem französischen Fernsehsender BFMTV richtigzustellen, dass es sich bei der Szene gar nicht um eine Anspielung auf da Vincis "Letztes Abendmahl" gehandelt habe. Vielmehr habe das Bild "Das Festmahl der Götter" des niederländischen Malers Jan van Bijlert Pate gestanden. Das entstand zwischen 1635 und 1640 und hängt im Musée Magnin in Dijon.
Es zeigt ein Gastmahl auf dem Olymp anlässlich der Hochzeit von Thetis und Peleus, dem König von Phthia, stattfindet und an dem zahlreiche Götter der griechisch-römischen Mythologie teilnehmen, darunter Apollo, Dionysos, Diana und Venus.
Von einer "Beleidigung des Christentums" kann also keine Rede sein. Aber vielleicht melden sich ja noch ein paar Altphilologen, die sich an der Darstellung stören, wer weiß.
Spaß beiseite: Selbst wenn die Szene eine Anspielung auf da Vincis "Abendmahl" gewesen wäre, ist die Empörung weit übertrieben. Natürlich hat jede*r seine eigene Vorstellung von Jesus und dem letzten Abendmahl. Warum aber eine vermeintliche Darstellung der Szene mit queeren Personen so viel Empörung bis hin zu blankem Hass auslöst, bleibt unverständlich.
Denn wie die katholische Publizistin Beatrice von Weizsäcker, eine der wenigen, die sich auf Instagram gegen den Shitstorm stellten, zu Recht anmerkte: "Von Jesus verstehen die (Kritiker*innen der Szene, Anm. d. Verf.) nichts. Denn er lädt alle ein. An seinem Tisch ist Platz für jede und jeden."
Dabei bieten die Olympischen Spiele durchaus Anlass, sich über die Verletzung der Religionsfreiheit aufzuregen: Muslimische Sportlerinnen aus Frankreich, die ein Kopftuch tragen, dürfen nicht teilnehmen. Seltsamerweise hört man aber kaum Empörung darüber – obwohl es bei diesem Thema viel angebrachter wäre.
Kommentare
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Die Darstellung ist sachlich…
Die Darstellung ist sachlich grob falsch.
Hier die Darstellung der DBK:
https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/stellungnahme-zur-eroeffnun…
"Inzwischen hat der Regisseur der Veranstaltung eine andere Interpretation vorgetragen. Bei der besagten Szene habe es sich demnach nicht um eine Darstellung des Abendmahls Jesu gehandelt, sondern um eine Szene aus der griechischen Mythologie. Überzeugend ist diese Deutung unseres Erachtens nicht, denn die Bildsequenz, auf die sich Bischof Oster bezogen hat, wurde rund 45 Minuten vor der mythologischen Szene gezeigt. Sie erzeugt Assoziationen an das berühmte Gemälde Leonardo da Vincis, das Jesus Christus im Kreis seiner Jünger zeigt. Diese nahe liegende Interpretation wird durch Aussagen der teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler unterstützt."
Ich lade alle Menschen ein, die grob falsche Darlegung der EKD hierzu massiv sachlich zu kritisieren.
Im übrigen frage ich die EKD:
Wollt ihr Euch noch "Kirche" nennen oder "Die Grünen 2.0"?
Ich gebe Euch allen einen…
Ich gebe Euch allen einen Rat:
Springt sachlich knallhart mit der EKD um.
Wer es für sich als Kirche (?) einräumt an erster Stelle politische links-grüne Themen hochzujubeln, dem wird nun der eiskalte politische Gegenwind um das Näschen fahren.
Im übrigen:
Der Artikel entspricht diesem mittlerweile infantilem narzistischem Niveau der EKD und braucht nicht ernsthaft diskutiert zu werden.
Das Gute ist:
Die EKD nimmt folgenden Satz nicht ernst:
Wir vergessen nicht.
Infantil ist vor allem so…
Infantil ist vor allem so ein Kommentar, der eine immer noch Millionen Mitglieder vertretende plurale Organisation so schubladisiert und dann noch meint implizite Rachedrohungen hätten irgendetwas mit Christentum zu tun. Entweder Sie verschlafen regelmäßig den Gottesdienst oder sie haben mit der Kirche eh nichts am Hut. Schade eigentlich, vielleicht käme sonst sogar ein in der Sache konstruktiver Beitrag zustande.
Man hätte annehmen können,…
Man hätte annehmen können, daß eine ev. Zeitung den christl. Glauben und seine Sakramente verteidigt - stattdessen behauptet sie, es habe gar keinen Angriff darauf gegeben. So schlau muß man erst sein, das zu erkennen! Oder so eitel, den Machern ihre fadenscheinigen nachträglichen Erklärungen abzunehmen. Schon mal auf die Idee gekommen, daß es eine Abwägung geben muß, was schwerer wiegt: künstlerische Freiheit oder der Schutz religiöser Gefühle? In Frankreich hat man anscheinend die künstlerische Freiheit als höheres Gut bewertet. Und dem schließen Sie sich an? Warum? Was nehmen Sie noch ernst, außer Ihr Zeilengeld?
Ein sachlich fragwürdiger…
Ein sachlich fragwürdiger und noch dazu dürftiger Kommentar zur Eröffnungsfeier, der wohl vor allem darauf aus ist den progressiven Flügel nicht zu verunsichern. Es ist relativ sicher, dass sich die Tafelszene sowohl auf christliche wie antike Darstellungen bezieht. Die Veranstalter haben in einem Interview bei France Inter dieser Deutung als Abendmahl selbst nicht widersprochen - das war vor der Aufregung darüber und natürlich ist das auch kein Versehen sondern eine sehr bewusste Provokation des französischen Konservatismus gewesen. Meiner Ansicht nach war die Feier dennoch aus christlicher Sicht ganz hervorragend und ein Lobpreis auf christliche Ikonographie und Ethik und eine Karikatur französischer wie globaler Verhältnisse wahrscheinlich eher gegen die Absicht der Organisatoren. Aber das haben Wikis wie Berufsempörte wohl übersehen. Die Kommentare der katholischen Bischöfe sind kleingeistig, die protestantischen unterkomplex.
Danke Oliver Marquardt für…
Danke Oliver Marquardt für den klugen Kommentar. Die Shitstormurheber erinnern mich an Hanns Dieter Hüsch- sie sind fortwährend zutiefst verbittert und schreiben Leserbriefe 🤣
Im christlichen Glauben, zu dem ich mich rechnen möchte, ist kein Platz für homophobe, queerfeindliche und rückwärtsgewandte Polemik!
Es ist einfach die weltweit…
Es ist einfach die weltweit aufkommende Kritik unter homophob, queerfeindlich und rückwärtsgewandt einzutüten und in die Rundablage B zu legen. Als Christen sind wir aber nicht zum verurteilen sondern zum verändern der Welt aufgerufen. Dazu gehört, dass man sich mit dem Teil der Kritik, der nicht aus bloßen Haßtiraden besteht (den gab es auch) erst einmal intellektuell auseinandersetzt, versucht zu verstehen, was überhaupt geschehen ist und dies aus christlicher Perspektive zu beantworten. Man kann Herrn Hüsch ja unangenehm finden, aber er hat bisweilen auch Kluges gesagt und unterhaltsam konnte er auch sein. Übrigens ist es auch eine Tugend die Toten nicht zu beschimpfen außer sie haben es sich hart erarbeitet. Da habe ich bei dem Herrn vom Niederrhein einige Zweifel, dass er in diese Kategorie fällt.
Der Artikel: Ein…
Der Artikel: Ein Armutszeugnis! Bei aller sinnvoller und notwendigen Toleranz gegenüber profanen Erscheinungen darf ein evangelisches Blatt seinen Kompass nicht aufgeben. Glaube und Religion sind meist nur noch Randthema. Wer aber nur dem Zeitgeist hinterher hechelt und sich modischen Wokeness Bewegungen andienert mutiert immer mehr zu einer grünen NGO.
Mal abgesehen von der…
Mal abgesehen von der moralischen Bewertung, die ich nicht teile: Den Fakt, dass es sich nicht um eine Anspielung auf das Abendmahl handelte, können Sie nicht einfach ignorieren.
Das ist kein Fakt sondern…
Das ist kein Fakt sondern vermutlich eher eine Ausrede außerdem ist es gar nicht so wesentlich.
Aha.
Aha.
Ja aha. Es gibt dazu…
Ja aha. Es gibt dazu zahlreiche Hinweise vom erwähnten Interview über das cene/scene/Seine-Wortspiel, Äußerungen der Beteiligten (gay testament) bis über die Bildersprache und die Tatsache, dass das eine Gemählde auf das andere referenziert. Ähnlichkeiten sind also wohl eher nicht zufällig ebensowie die Tatsache, dass die symbolisch und bildsprachlich fitteren Katholiken hier besser "Lesen" können als die kopf- und textlastigen Protestanten. Das eigentlich peinliche ist aber das Herunterspielen des Ereignisses als Nebensache nach dem Motto: "Gehen Sie weiter hier gibt es nichts zu sehen". Die Olympischen Spiele sind eine der wenigen Veranstaltungen mit globaler Relevanz mit einem mehrstelligen Millionenpublikum. Das ist nicht irgendetwas und insofern ist die Selbstpräsentation der Metropole Paris als eine der symbolträchtigsten Städte des Westens kein Pipifax und die dort vertretene Ethik ausstrahlend nicht nur auf Europa sondern weltweit. Wenn Kirche also irgendwie relevant sein will, so sollte sie dort genauer hinsehen und nicht mit einem "Gott sei Dank wir sind nicht gemeint" die Flucht ergreifen. Zu der eurodisneyhaften Eröffnungsshow mit ihrer höchst fragwürdigen Inszenierung Frankreichs (sie war insofern ehrlich, als dass sie alle Illusion einer heilen inklusiven Welt und sei es auch nur während Olympia zerstörte) und zu derem Teil sich auch die Empörten machten ließe sich viel sagen, was die Zeit, den Westen und seine Krisen gut analysieren würde. Die einzig wirklich relevante Kunstdarbietung fand aber in den letzten Minuten statt und die hatte einen stark versöhnenden, dem Körperkult und seichter Liebe absagenden Charakter. Das haben nur Empörte wie Möchtegernprogressive übersehen. Wie schrieb Saint-Ex so schön: "Man sieht nur mit dem Herzen gut". Der Eurosportkommentator hatte ein Herz: Der routinierte, coole Sprechton brach in diesem Moment zusammen und die Stimme war belegt. Er hat die Relevanz dieses Teils der Show erkannt, die Ikonographie gelesen, obwohl er kein Theologe ist und daher auch wenig Worte dazu machte. Manchmal sind Sportreporter wohl die besseren Gläubigen als Bischöfe und andere Berufschristen.
Hallo, ich empfinde ihre…
Hallo,
ich empfinde ihre intelektuellen aussagekräftigen Äußerungen als zunehmende "Wonne."
Macht weiter so, liebe EKD.
Dann sehe ich noch Hoffnung für Euch.
Na, schon bereit für das nächste wackere AFD-bashing ?
Themaverfehlung - das kostet…
Themaverfehlung - das kostet 3 Vater Unser.
Typisch evangelisch…
Typisch evangelisch weichgespülte Kommentar, der auf den Hintergrund der Kritik überhaupt nicht eingeht / eingehen kann, weil soweit reicht der Verstand des Kommentator nicht.
Wie schade, dass Sie uns…
Wie schade, dass Sie uns nicht erleuchten und die komplexen Hintergründe der Kritik für arme Normalsterbliche darlegen. So müssen wir weiter dumm bleiben.
Ich möchte Sie nicht…
Ich möchte Sie nicht verwirren....bleiben Sie auf dem Niveau Ihrer Leser.
Danke, das nehme ich als…
Danke, das nehme ich als Kompliment!
Hallo, ist Ihnen…
Hallo,
ist Ihnen vollumfänglich bewußt, dass in 15-20 Jahren die EKD vollkommen in der Versenkung verschwunden ist?
Im übrigen:
Ihr dumm-süffisanter sinnfreier Kommentar entspricht in meinem Augen dem intelektuellem Niveau der EKD.
Hallo Frau Wagner, Wie sieht…
Hallo Frau Wagner,
Wie sieht denn der Hintergrund der Kritik Ihrer Meinung nach aus?
Vielen Dank und beste Grüße