Religionspädagogin Ilse Strebel-Vogtmann weiß, wovon sie spricht.

Mehr als drei Jahrzehnte hat sie in fast allen Schularten evangelische Religionslehre unterrichtet, viele Jahre war sie zudem in der Aus- und Weiterbildung von Religionslehrern und Pfarrern aktiv.

Allen, die einen konfessionellen Religionsunterricht "überholt" und "nicht so wichtig" finden, hält die 63-Jährige entgegen:

"Er thematisiert und vermittelt die evangelische Sicht auf wichtige ethische Fragen." Er biete Schülern eine "Vergewisserung ihrer konfessionellen Identität".

Und nicht zuletzt sei er ein "wichtiges Bindeglied zwischen Kirche und Gesellschaft".

Religionsunterricht in der Corona-Pandemie

Als Corona nach Deutschland kam, die Schulen schlossen und von heute auf morgen Heimunterricht am Esstisch anstand, da geriet der Religionsunterricht ein bisschen unter die Räder.

Auch in den Monaten danach, den letzten von Strebel-Vogtmann im aktiven Schuldienst, war es nicht besser. Im ausgedünnten Präsenzunterricht spielte Religion in der Regel keine Rolle. Denn die wird meistens nur klassenübergreifend unterrichtet, also alle etwa Evangelischen eines Jahrgangs gemeinsam.

Weil jedoch aus Infektionsschutzgründen keine "Durchmischung" der Klassen stattfinden sollte, fiel Religion oftmals ersatzlos hinten runter.

Forderung: Ermöglichung des Religionsunterrichts

"Das war nicht nur schade, sondern für viele Kinder und Jugendliche auch schlimm", sagt Strebel-Vogtmann, die inzwischen ihre Freistellung im Sabbat-Modell angetreten hat, einer Art Altersteilzeitmodell.

"Diese Ausnahmesituation darf keinesfalls dazu führen, dass konfessioneller Religionsunterreicht ganz gekippt wird."

Ihr Mann Martin Vogtmann (67), der selbst jahrzehntelang als Religionspädagoge an Schulen tätig war, sagt: "Für viele Schulleiter ist Reli-Unterricht lästig - weil er Arbeit macht, weil klassenübergreifende Stunden geplant werden müssen."

Diesem Gegenwind müsse die Kirche auf jeden Fall standhalten.

"Das 'letzte Gesicht der Kirche'" vor der "Religionspause"

Das Ehepaar brennt aber nicht nur aus der eigenen Profession heraus für den evangelischen Religionsunterricht von der ersten bis zur letzten Klasse.

"Ich war meine letzten fünf Dienstjahre an einer Berufsschule in Schweinfurt im Einsatz", erzählt sie. "Wir Religionslehrer sind oft das 'letzte Gesicht der Kirche', das die jungen Menschen bewusst erleben", sagt die Expertin.

Sofern sie der Kirche nicht völlig den Rücken kehren, setze zumindest eine Art "Religionspause" ein - bis sie dann die eigene Familienplanung mit Heirat oder Taufe wieder zur Kirche führe:

"Wir sind entscheidend dafür, welches Bild von Kirche sie mitnehmen."

Aufforderung an Kirche: Kopplung an Religionsunterricht

Genau diese wichtige Funktion von Religionsunterricht werde auch innerkirchlich oft nicht wahrgenommen - das spiegele sich zum Beispiel auch darin wider, dass es in den wenigsten Kirchengemeinden "eine Kopplung zwischen Religionsunterricht, Jugend- und Gemeindearbeit gibt", sagen Strebel-Vogtmann und ihr Mann.

Diese "große Chance", Kirche als Team vor Ort zu präsentieren, werde oft nicht genutzt. Als Referentin für die Religionspädagogen im Vorbereitungsdienst am Religionspädagogischen Zentrum der Landeskirche in Heilsbronn hat sie Lehrer und Pfarrer immer wieder zu diesem Miteinander ermutigt.

"Miteinander der Berufsgruppen"

Doch es gibt nicht nur Grund zu klagen, sagt die 63-Jährige: Beim "Miteinander der Berufsgruppen" habe sich viel getan.

Beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 1979 in Nürnberg hätten die "Rel-Päds" mit Theologiestudenten gemeinsam fürs "Teampfarramt" geworben - das Ehepaar Strebel-Vogtmann mittendrin.

"Und wenn ich im Amtsblatt die heutigen Stellenausschreibungen sehe, ist vieles von dem, was wir als junge Erwachsene gefordert haben, heute Wirklichkeit":

Zum Beispiel, dass sich Religionspädagogen inzwischen "berufsgruppenübergreifend" auch auf freie Pfarrstellen bewerben können, freut sie.

Aktuell wenig Interesse für Beruf des Religionspädagogen

Dass sich trotzdem offenbar immer weniger Menschen für den Beruf des Religionspädagogen begeistern können, hat viele Gründe, glaubt das in Schweinfurt lebende Paar:

"Zum einen spielen Kirche und damit auch kirchliche Berufe in der Lebenswirklichkeit junger Menschen eine immer geringere Rolle."

Zum anderen sei der Beruf zwar schön, doch die Rahmenbedingungen mitunter problematisch: "Es ist einfach nicht schön, wenn man auf einer vollen Stelle an fünf oder mehr Schulen eingesetzt wird."

Eine Lösung für das Problem könnte sein: "Stellen, die auf Kirchengemeinden und deren Sprengelschulen aufgeteilt sind."