Traumapädagogik ist nach Ansicht von Regina Miehling, Geschäftsführerin der Stiftung Wings of Hope, ein wichtiges Instrument, um insbesondere Kinder wieder zu mehr seelischem Gleichgewicht zu verhelfen. Dabei denke sie nicht nur an geflüchtete Kinder aus der Ukraine, betonte sie bei einem Fachvortrag bei der Nürnberger Sozialmesse ConSozial.
Die Sozialpädagogin und Traumapädagogin bei der Einrichtung der Evangelischen Landeskirche in Bayern, sagte, traumatisierende Ereignisse könnten auch Folgen etwa von Unfällen, tragischen Vorfällen in der Familie, gewalttätigen An- und Übergriffen oder auch von sozialer Vernachlässigung sein.
Stress oder Gewalterfahrung schaden Gehirn
Die Folgen würden sich mittlerweile in neurologischen Verfahren nachweisen lassen. "Bei Kindern unter dauerhaftem Stress oder Gewalterfahrung sind Teile des Gehirns schlechter entwickelt", so Miehling beim Kita-Kongress der ConSozial. Ursache dafür seien die Stresshormone Adrenalin und Cortisol, die bei bedrohlichen Erfahrungen ausgeschüttet würden. Das könne zu Hilflosigkeit und Ohnmacht oder auch zu Erstarrung als Folge eines gefühlten Ausgeliefertseins führen.
Eine weitere neurobiologische Folge kann laut Miehling eine Fehlfunktion im Gehirn sein. Traumatisierende Ereignisse würden teils nur bruchstückhaft als einzelne Puzzlestücke abgespeichert. Die einzeln abgespeicherte Dunkelheit könne in ganz anderen Kontexten wieder Flucht- oder Panikgefühle auslösen.
"Pädagogen, die mit Kindern arbeiten, müssen handeln, wenn solche Symptome feststellbar sind",
mahnte Miehling.
Erfahrungen lassen sich nicht ausradieren
Man müsse das Verhalten der Betroffenen als "normale Reaktion auf unnormale Ereignisse" verstehen und würdigen, sagte die Sozialpädagogin. Die erlebten Erfahrungen ließen sich aus dem Gehirn nicht ausradieren. Daher müssten positive Erfahrungen wie verlässliche Gemeinschaft, positive Bindung oder auch Selbstwirksamkeit für einen Ausgleich sorgen. Gerade ein kindliches Gehirn in der Entwicklungsphase könne so wieder ins Gleichgewicht kommen.
"Traumata sind psychische Wunden",
führte die Chefin von Wings of Hope aus. Die Forschung hierzu sei lange tabuisiert worden. Sie warnte aber vor dem voreiligen Schluss, dass alles, was schwierig ist, zu einer traumatischen Erfahrung führe. Erst bei Verhaltensänderungen oder Überreaktionen, die auch noch nach einem Vierteljahr zu beobachten seien, sei die Traumapädagogik gefragt.