Jedes Jahr veröffentlicht die Menschenrechtsorganisation ILGA-Europe die sogenannte Rainbow Map – eine Europakarte, die die rechtliche und politische Situation von LGBTQIA+-Personen in 49 Ländern bewertet. Die Skala reicht von 0 % (schwere Menschenrechtsverletzungen) bis 100 % (volle Gleichstellung und Menschenrechtsachtung). Bewertet werden konkrete Gesetze und politische Maßnahmen, die sich direkt auf das Leben von LGBTQIA+-Menschen auswirken. 

ILGA ist die Abkürzung für "International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association". Es handelt sich um einen weltweiten Dachverband von Organisationen für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle. ILGA setzt sich für die Rechte dieser Gruppen ein.  ILGA-Europe ist Teil der internationalen Organisation, die 1978 gegründet wurde, besteht allerdings seit 1996 eigenständig.  

Hinweis: In der Europakarte unten lässt sich genau nachvollziehen, welche Länder welche Rechte derzeit schützen – und wo es noch gravierende Lücken gibt. Die diesjährige Regenbogen-Karte wurde am 14. Mai veröffentlicht und ist damit sehr aktuell. 

Die Bewertung erfolgt in folgenden Bereichen: 

  • Gleichstellung und Anti-Diskriminierung (23 %) 
  • Familie und Partnerschaftsrechte (17,5 %) 
  • Hassverbrechen und Hassrede (19 %) 
  • Rechtliche Geschlechtsanerkennung und körperliche Unversehrtheit (17,5 %) 
  • Schutz intergeschlechtlicher Menschen (5 %) 
  • Zivilgesellschaftlicher Raum (9 %) 
  • Asylrecht und Schutz für LGBTQIA+-Personen (9 %) 

Ergänzt wird die Rainbow Map durch den jährlichen Länderbericht von ILGA-Europe, der neben den Zahlen auch politische Entwicklungen und gesellschaftliche Kontexte beschreibt.

Aktueller Trend 2025 

Allgemein ist ein Rückschritt in Hinsicht der LGBTQIA+ Rechte zu erkennen, das betrifft die generelle Einschränkung der Freiheitsrechte queerer Personen, wie auch die Versammlungsfreiheit, Meinungsfreiheit und politischen Teilhabe. Ungarn fällt z.B. um 7 Plätze auf Rang 37 beispielsweise wegen des ersten Pride-Verbots in der EU. Auch Großbritannien rutscht um 6 Plätze nach hinten auf Rang 22 wegen des Supreme Court Urteils, nachdem das Geschlecht nur noch biologisch definiert werden darf. Trans Personen dürfen hier teilweise ihre Hormontherapie fortsetzen beziehungsweise abschließen, was gravierende gesundheitliche Folgen hervorrufen kann. 
 
Fortschritte gab es im letzten Jahr hingegen kaum: Kein weiteres Land hat die Konversionstherapie (Therapie, die homosexuellen Menschen aufgezwängt wird, um ihre Homosexualität zu "heilen") verboten. Nur wenige Länder wie zum Beispiel Belgien, Schweden und Irland haben Hassverbrechen-Gesetze gestärkt. In Tschechien gibt es seit letztem Jahr die Anerkennung eingetragener Partnerschaften für gleichgeschlechtliche Paare, auch in Lettland wurden Lebenspartnerschaften eingeführt. Deutschland hat das Selbstbestimmungsgesetz neu eingeführt, das gerade aufgrund der neuen Regierung aber wieder auf wackeligen Beinen stehen könnte.  
 
Die ILGA-Europe warnt vor "demokratischen Erosionen".

Katrin Hugendubel, Rechtsanwältin bei ILGA-Europe spricht von nationalen Gesetzen, die keinem gesellschaftlichen Bedürfnis gerecht würden, sondern lediglich auf Marginalisierung abzielten. Weiter sagt sie "Die ungarische Verfassungsänderung, die besagt, dass "die Mutter eine Frau und der Vater ein Mann ist" und dass "das Geschlecht durch die Geburt bestimmt wird", ist ein klares Beispiel dafür." 

Hoffnungsträger sind nun Gerichte, die zum Beispiel schon Urteile aufgehoben haben oder Klagen für die Verteidigung der Rechte von Regenbogenfamilien laufen haben, wie z. B. in Italien. 

Wie ILGA-Europe Geschäftsführer Chaber sagt, zeigt die Rainbow Map 2025 nicht nur die rechtliche Lage, sondern auch "wie akut die Demokratie europaweit unter Druck steht. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird die gezielte Aushöhlung von Rechten zur Norm." 

Zahlen & Fakten

Trotz einiger Fortschritte zeigen die aktuellen Zahlen ein klares Bild: In vielen europäischen Ländern fehlt es weiterhin an grundlegenden Rechten und Schutzmechanismen für LGBTQIA+-Menschen. 

  • Nur 10 Länder in Europa haben sogenannte "Konversionstherapien" gesetzlich verboten. 
  • In 6 Ländern existiert kein gesetzlicher Schutz vor Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität. 
  • Nur 9 Länder – darunter Belgien, Spanien und Dänemark – gewährleisten umfassenden Schutz in Bezug auf sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität und Geschlechtsmerkmale (SOGIESC). 
  • Nur wenige Länder, darunter Belgien, Island und Malta, verbieten explizit Hassverbrechen und Hassrede gegen LGBTQIA+-Personen. 
  • 22 Länder erkennen die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare an. 
  • 18 Länder bieten keinerlei rechtlichen Schutz für gleichgeschlechtliche Partnerschaften. 
  • Trans-Elternschaft wird nur in 8 Ländern vollständig anerkannt. 
  • Nur 6 Länder – darunter Deutschland, Griechenland, Island und Spanien – verbieten medizinisch nicht notwendige Eingriffe an intergeschlechtlichen Kindern. 
  • In 11 Ländern gibt es keine rechtliche Möglichkeit, das eigene Geschlecht anerkennen zu lassen. 
  • In Bulgarien, Ungarn und Russland ist eine rechtliche Geschlechtsanerkennung sogar komplett verboten. 
  • Nur 12 Länder ermöglichen die Änderung des Geschlechtseintrags auf Basis von Selbstbestimmung, also ohne medizinische oder psychologische Gutachten. 
  • In mindestens 14 Ländern sind die Versammlungs- und Vereinigungsrechte von LGBTQIA+-Organisationen eingeschränkt oder systematisch unter Druck. 
  • In 27 Ländern gelten sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität als Asylgründe. 
  • Nur 6 Länder schützen explizit intergeschlechtliche Geflüchtete im Asylrecht. 
Eine Europakarte, auf der einige Länder grün sind, einige orange, einige gelb und andere rot
Die Zahlen und Fakten der Rainbowmap 2025 geben Anlass zur Besorgnis.

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