Es sind fantasievoll gestaltete, bunte Container, die seit Samstag für zwei Wochen vor dem Landestheater im lippischen Detmold stehen. Der temporäre Aufbau ist Auftakt einer interaktiven Wanderausstellung, die unter dem Motto "Für Toleranz kannst du dich entscheiden!" in den kommenden Jahren durch Deutschland tourt und für mehr gegenseitigen Respekt wirbt. Stationen sind unter anderem Krefeld, Schwerin, München und Hannover.

Bis zu zehn Container sollen in den kommenden Jahren durch Deutschland reisen. Begleitet werden die "Toleranz Räume" von einem Programm mit digitalen Informationsangeboten, Plakat- und Social-Media-Kampagnen, Sportveranstaltungen bis hin zu Workshops für Unternehmen, Vereine und Bildungsstätten.

Toleranz: Einladung zur Selbstreflexion

Wer einen Container betritt, trifft auf eine Wand aus Spiegeln, hinter denen sich Schubladen verbergen. Wer will, kann sie herausziehen und sich mit seinen eigenen Vorurteilen beschäftigen, dem unbewussten Schubladendenken, in dem viele Menschen verhaftet sind. "Eine Einladung zur Selbstreflexion", sagt die Kulturwissenschaftlerin Alexandra Nocke von der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) aus Berlin, die das Konzept zusammen mit dem ebenfalls in der Bundeshauptstadt lebenden Künstler Joachim Seinfeld entwickelt hat.

"Toleranz ist Verhandlungssache", sagt Seinfeld, "nicht alle müssen oder können alles tolerieren."

Deshalb beleuchte die Ausstellung auch die Grenzen der Toleranz: "Was kann und will unsere Gesellschaft aushalten? Und was ich selbst?" An manchen Grundlagen wie Menschenrechte oder Grundgesetz dürfe nicht gerüttelt werden, betont er. "Unterschiedliche Meinungen dürfen, müssen ausgehalten werden können - Angriffe auf Menschenrechte nicht."

Von Lessing bis Anne Frank

Auf einer "Menschenwand" können Besucherinnen und Besucher ihre Erkenntnisse als Zitat hinterlassen, angeregt von Persönlichkeiten, die laut Nocke und Seinfeld Beispiele gelebter Toleranz sind. Ausgewählt wurden etwa Gotthold Ephraim Lessing oder Anne Frank, aber auch Menschen wie die Politikerin Louise Schroeder (1887-1957) oder Serpil Temiz-Unvar, deren Sohn bei dem rassistischen Terroranschlag 2020 in Hanau ermordet wurde.

Herzstück der Container-Schau ist ein "Wimmelbild", das alltägliche Situationen zu Toleranz und Respekt zeigt. Hinter verschiedenen Motiven lässt sich ein Türchen öffnen, um einen neuen Blick auf die Szene zu werfen. Ein Beispiel: Ein Mann ohne Kopfbedeckung verlässt ein Haus, über dessen Eingang groß "Herzlich willkommen" steht. Er blickt sich unsicher um. Hinter dem Türchen steht am Haus dann der Willkommensgruß auf Hebräisch, der Mann trägt eine Kippa und winkt entspannt.

Wissenschaftliche Begleitung

Der eigens gegründete Verein Toleranz-Tunnel steuert das Projekt federführend. An seiner Spitze steht der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Herford-Detmold, Matitjahu Kellig. Die Arbeitsgruppe Migrationspädagogik und Rassismuskritik von der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld begleitet die "Toleranz Räume" wissenschaftlich.

Kellig, der bis zu seinem Ruhestand als Professor an der Musikhochschule Detmold arbeitete, hatte die Idee der mobilen Ausstellung zum Thema Toleranz von einer Konzertreise aus Mexiko mitgebracht.

"Es ist ein Projekt von der Gesellschaft für die Gesellschaft", erklärt er. "Wir sind alle beteiligt und können nicht nur Forderungen stellen."

Unterstützt wird das Projekt von Prominenten wie TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf oder der Schauspielerin Iris Berben, die gebürtige Detmolderin ist. Die Schirmherrschaft hat Felix Klein, der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, übernommen.

Auch die Bundeszentrale für politische Bildung unterstützt die "Toleranz Räume". Nach der Anschubfinanzierung ist laut Kellig die weitere Förderung bis 2024 mit fünf Millionen Euro gesichert. "Der entsprechende Bundestagsbeschluss kam durch eine Mehrheit fast aller Fraktionen zustande. Eine in dieser Form einmalige Entscheidung."

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