Zweieinhalb Monate nach der Bundestagswahl ist jetzt die neue Bundesregierung unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Amt.

Schon der Koalitionsvertrag zeigte in Sachen Kirchen und Glauben eine Akzentverschiebung der Ampel im Vergleich zur Großen Koalition. Doch wie sieht es mit den einzelnen Protagonist*innen aus? Wir haben uns die Mitglieder des neuen Bundeskabinetts angeschaut. Im zweiten Teil geht es um Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und ihr Verhältnis zu Kirche und Glaube

Annalena Baerbock ist Kirchenmitglied, aber "nicht ganz gläubig"

Im Gegensatz zum frischgewählten Bundeskanzler ist Annalena Baerbock Kirchenmitglied, und zwar bei der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Wie sie selbst der Katholischen Nachrichtenagentur KNA verriet, ist sie das auch gerne. "Ich schätze die Gemeinschaft der Kirche und ihr Engagement für gesellschaftliche und soziale Anliegen, das Miteinander von Jung und Alt", ließ sie dort verlauten. Insbesondere die kirchliche Arbeit mit Pflegebedürftigen, Menschen mit Behinderungen und Kindern hob sie hervor.

Auf dem Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt erklärte sie im Mai allerdings, sie selbst sei "jetzt nicht ganz gläubig". Der Grund, warum sie trotzdem gerne in die Kirche gehe, sei folgender:

"Weil man als Gemeinschaft eben mehr zusammen schaffen kann, weil man ein Verständnis hat, auf welchem Wertefundament stehen wir eigentlich – das der Nächstenliebe, aber auch das der Verantwortung."

Politisch oft auf einer Linie

Gerade in politischen Dingen sieht sich Baerbock durchaus auf einer Linie mit den Kirchen. Diese machten schon seit Jahren auf die Folgen der Klimakrise aufmerksam, sagte sie gegenüber den KNA.

Auch bei der Aufnahme von Geflüchteten sieht sie die Kirchen als Mitstreiter: "Für die Kirchen ist das Gebot der Nächstenliebe eine Selbstverständlichkeit", so Baerbock. Sie würde sich wünschen, dass dies auch für die großen Parteien im Land gelte.

"Schade, dass manche, insbesondere Parteien, die 'christlich' in ihrem Namen tragen, die christliche Nächstenliebe vor allem in Sonntagsreden hochleben lassen und bei der Situation an den Außengrenzen Europas allzu gerne die Augen verschließen, während Caritas und Diakonie vor Ort helfen."

Pragmatisch wie viele ihrer Generation

Die neue Außenministerin hat also ein pragmatisches Verhältnis zu Glauben und Kirche, ähnlich wie viele in ihrer Generation. Sie geht gerne in die Kirche, schätzt die Gemeinschaft sowie das soziale Engagement, ist selbst aber nicht oder "nicht ganz" gläubig.

Der Länderbeauftragte ihrer Landeskirche, Martin Vogel, erklärte dazu gegenüber dem Domradio, in seinen Augen sei der Weg dahin, so etwas wie ein Vertrauen auf Gott zu haben, bei jedem ein lebenslanger Weg. Und vielleicht gebe es ja auch Menschen, die in der Kirche seien und sagten, sie glaubten atheistisch an Gott. "Warum eigentlich nicht?"