Die historische Leistung des Reformators Martin Luther (1483-1546) als Übersetzer beleuchtet die diesjährige Sonderausstellung auf der Wartburg im thüringischen Eisenach. Eingebettet in den historischen Lutherort auf der Burg arbeite die Schau sowohl theologische, sprachwissenschaftliche wie auch gesellschaftliche Aspekte seiner Übersetzung auf, sagte die Kuratorin von "Luther übersetzt. Die Macht der Worte", Grit Jakobs. Zugleich thematisiere sie bis zum 5. November die Entwicklung der Burg hin zum Verehrungsort des Reformators.

Gipsbüste zu DDR-Zeiten entfernt

So habe etwa eine kleine Gipsbüste aus dem 19. Jahrhundert, die in der Schau zu sehen ist, ausweislich alter Fotos im 19. Jahrhundert in der Lutherstube gestanden, sagte Jakobs. Die Wiederentdeckung im Depot in diesem Jahr sei ein glücklicher Zufall gewesen. Denn die Büste erinnere mit ihrem Bart stark an Kaiser Wilhelm II. und dokumentiere somit auch die Geschichte des Umgangs mit der Verehrung Luthers durch die verschiedenen Epochen.

Zu DDR-Zeiten sei sie aus der Kammer entfernt worden. Nun habe sie wieder einen prominenten Platz in der Ausstellung erhalten. Denn "Luther übersetzt" wolle ausdrücklich mehr sein als eine Schau historischer Bibeln.

Ausstellung geht auch Macht von Sprache nach

Mehr als drei Jahre habe die Wartburg Stiftung an der Vorbereitung der Ausstellung gearbeitet, sagte Burghauptfrau Franziska Nentwig. An verschiedenen Stationen thematisiere die Ausstellung nicht nur die Geschichte der Bibelübersetzung und ihre welthistorische Einordnung.

Anhand historischer Objekte, seltener Bibelausgaben und Handschriften sowie originaler Protokolle von Bibelrevisionen bis ins Jahr 2017 hinein, gehe die Sonderausstellung beispielsweise auch der Frage nach, welche Wirkung und Macht von Sprache ausgehe. Sie zeige Parallelen zwischen der durch die Erfindung des Buchdrucks geschaffenen Medienrevolution der frühen Neuzeit und den heutigen gesellschaftlichen Umwälzungen, die von der Digitalisierung ausgehen.

Besucherinnen zum Mitmachen aufgefordert

Dennoch könne die Ausstellung trotz aller Forschung nicht jede Frage beantworten, sagte die Burghauptfrau. So sei zwar bekannt, dass Luthers Weggefährte Philipp Melanchton (1497-1560) 1521 die Übersetzung Luther vor Drucklegung noch einmal redigiert habe. Doch wisse man bis heute nichts über den Umfang der Überarbeitungen. Sicher sei nur, dass Luther die Bibel in einem Team übersetzt habe, sich aber jeweils abschließende Entscheidungen über Formulierungen vorbehalten habe.

An verschiedenen Stationen würden die Besucherinnen und Besucher zum Mitmachen aufgefordert. In einer Leseecke lägen Bibeln zum Schmökern aus. Gäste könnten sich an einem alten Druckstock in der Druckwerkstatt das Titelblatt der Wartburgbibel selbst anfertigen und als Souvenir mitnehmen.

In vier Wochen Neues Testament übersetzt

Am 4. Mai 1521 traf Luther auf der Wartburg ein, um sich dem Zugriff Kaiser Karls V. zu entziehen. Hier übersetzte er binnen weniger Wochen das Neue Testament. Anders als einige bereits zuvor in Deutsch erschienene Bibeln legte der Reformator Wert auf Verständlichkeit des theologischen Textes. Durch die große Popularität und die Verwendung in den evangelischen Gottesdiensten schuf dieses Werk zugleich die Grundlage der Vereinheitlichung der deutschen Sprache.