Am 23. Februar 2025 findet die nächste Bundestagswahl statt. Nachdem der amtierende Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kurz vor Weihnachten die Vertrauensfrage im Bundestag gestellt und verloren hatte, finden vorgezogene Neuwahlen statt. 

Für diese werben die Parteien nun um die Stimmen der Bevölkerung. Uns interessiert die Frage, wie sie sich dabei zu den Themen Religion, Kirche und Glaube positionieren. Deshalb haben wir uns die Wahlprogramme angeschaut und – gemäß der Jahreslosung – auf diesbezügliche Inhalte geprüft. In diesem Teil unseres Parteienchecks zur Bundestagswahl 2025 nehmen wir uns das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen vor. 

Religion als demokratisches Potenzial?

Die Grünen haben eine recht hohe Meinung vonGlaubensgemeinschaften: Sie sehen in ihnen zunächst einmal demokratisches Potenzial. Im Wahlprogramm klingt das fast poetisch: "Im Dorfgemeinschaftshaus, auf dem Fußballplatz oder in Kirchen, Moscheen oder Synagogen kann Demokratie lebendig werden." So weit, so charmant. Wenig später geht es in ähnlichem Tonfall weiter: "Wir würdigen den Beitrag der Kirchen sowie der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zum demokratischen und sozialen Zusammenhalt."

Dabei wird deutlich: Die Grünen erwähnen die christlichen Kirchen zwar explizit, ordnen sie rhetorisch jedoch zunächst in eine Reihe mit anderen Glaubensgemeinschaften wie muslimischen und jüdischen ein. Eine bemerkenswerte Gleichbehandlung – zumindest auf dem Papier.

Alleinstellungsmerkmal Kirchenasyl

Doch die Grünen gehen in einem Punkt über allgemeine Bekenntnisse hinaus: Sie sind die einzige größere Partei, die sich 2025 explizit zum Kirchenasyl bekennt. Im Programm heißt es unverblümt: "Wir stehen weiterhin zum Kirchenasyl." Ein bemerkenswerter Satz, den man sonst vergeblich sucht – was natürlich noch nichts über die Ernsthaftigkeit dieser Forderung aussagt.

Wenn Religion spaltet

Natürlich wissen auch Die Grünen: Religion bringt nicht nur Menschen zusammen, sondern kann ebenso spalten. "Extremismus – egal ob politisch oder religiös motiviert – sät Hass, spaltet unsere Gesellschaft und ist der Wegbereiter für Gewalt und Terror", mahnt das Programm.

Doch diese Warnung bleibt nicht ganz neutral: Konkret wird nur eine Glaubensgemeinschaft im Zusammenhang mit Extremismus erwähnt – die muslimische. Islamismus wird gleich viermal als "sehr ernste Bedrohung" bezeichnet. Ein Nachdruck, den die Grünen bei anderen Religionen offenbar nicht für notwendig halten.

Schutz für die einen, Aktionspläne für die anderen

Wo Risiken gesehen werden, dürfen Maßnahmen nicht fehlen. Im Kampf gegen Diskriminierung setzen die Grünen etwa auf einen "Aktionsplan gegen Islamfeindlichkeit", der Muslime schützen und die Unabhängigkeit islamischer Gemeinden durch eine geförderte Imam*innenausbildung stärken soll.

Beim Schutz jüdischen Lebens zeigt sich das Programm ausführlicher: Man will jüdische Einrichtungen schützen, antisemitische Vorfälle konsequent verfolgen und dokumentieren und die ältere jüdische Generation sozial besser absichern. Hier sprechen die Grünen mit spürbarem Engagement – sicherlich wohl wissend, dass diese Position historisch wie gesellschaftlich aus guten Gründen kaum umstritten ist.

Wer bleibt unerwähnt?

Christliche, jüdische und muslimische Gemeinschaften nehmen also einen mehr oder weniger prominenten Platz im Programm ein. Doch weitere Religionsgemeinschaften? Fehlanzeige. Weder Buddhismus noch Hinduismus, geschweige denn kleinere Gruppen, werden erwähnt. 

Kommentare

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Rüdiger Schaar… am So, 12.01.2025 - 08:55 Link

Was sollen die Grünen auch groß zu Buddhismus und Hinduismus schreiben; beide Religionen spielen in Deutschland kaum bis gar keine Rolle.

fbauer am So, 12.01.2025 - 08:53 Link

Es wird im Moment nur auf die Außenwirkung geschaut. In einer Nachricht habe ich gelesen, dass nur 17 % der Mitglieder des Deutschen Bundestags einer Kirche angehören. Da können die Parteien schreiben was sie wollen, allein der Glaube fehlt mir.