Die Mistel, die sich den Besuchern des Botanischen Gartens Erlangen in kräftigem Grün von einem knorrigen Apfelbaum aus entgegenreckt, ist fast zehn Jahre alt. Das kann Botanikerin Katrin Simon leicht erkennen, denn pro Jahr kommt eine kleine Astgabelung dazu.

Misteln sitzen gerne auf Laubbäumen wie Pappeln, Birken oder eben Apfelbäumen. Auf Eichen kommen sie eher selten vor, sagt die Organisatorin der Führung "Weihnachtliche Pflanzen im Botanischen Garten", die am 11. Dezember im Botanischen Garten Erlangen stattfindet.

"Deshalb hatte es schon für die Kelten immer etwas Mystisches, wenn sie eine Eichenmistel gefunden haben. Diese wurden besonders verehrt."

Dass die Mistel auf einem Baum wächst, machte sie für die Kelten zu etwas Besonderem - denn Bäume waren ihnen heilig. Auch dass die weißen Früchte im Winter erscheinen und die Pflanze immergrün ist, konnte nur Gutes bedeuten.

Mistel als Glücksbringerin

So galt die Mistel schon in alten Zeiten als Glücksbringerin und Zeichen der Fruchtbarkeit. Etwas dieser Magie abzubekommen, erhoffen sich auch heute noch Paare, die sich in der Weihnachtszeit unter einem Mistelzweig küssen. Und das, obwohl das Christentum mit aller Kraft versucht hat, die Bedeutung der immergrünen Pflanze ins Gegenteil zu verkehren.

"Man hat gesagt die Mistel war früher ein Baum, aus dem das Holz für das Kreuz Christi gewonnen wurde. Als Strafe dafür wurde die Mistel zu einem Parasitenleben auf anderen Bäumen verdammt",

erzählt Simon.

Immergrüne Pflanzen besitzen eine besonders starke Symbolkraft. Im Fall der Stechpalme mit ihren leuchtend roten Beeren war damit die Hoffnung verbunden, gute Feen und Geister anzulocken, die die bösen Geister des Winters vertreiben sollten. Der wintergrüne Weihnachtsbaum ist, wie der Name zeigt, genauso untrennbar mit dem Weihnachtsfest verbunden und wird traditionell mit Äpfeln geschmückt.

Apfel als Objekt der Versuchung

"Das stammt von den winterlichen Paradiesspielen im Mittelalter", weiß Simon.

"Da sollte nachgestellt werden, wie Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden. Der Apfel gehörte als Objekt der Versuchung natürlich dazu."

Da ein Früchte tragender Apfelbaum im Winter nicht zu bekommen war, wurden die Äpfel an Tannenbäume gehängt, die auch ewiges Leben symbolisieren. Mit der Zeit fand der Weihnachtsbaum dann den Weg in die Wohnzimmer.

Lecker und von weiter weg

"Alles, was lecker ist an Weihnachten, ist auch stark mit Pflanzen verbunden, die von weiter weg kommen", sagt Simon. Im Gewächshaus des Botanischen Gartens steht der Echte Kakaobaum und direkt nebenan die Vanille, eine kletternde Orchideenart. Ein meterhoher Zimtbaum überblickt das gesamte Gewächshaus.

"Der Zimt an sich ist die Rinde des Baumes und wird sowohl als Gewürz als auch als Duftstoff sehr gern an Weihnachten verwendet."

Beachten sollte man, dass es zwei verschiedene Zimtarten gibt. Als gemahlenen Zimt im Supermarkt findet man meist den Chinesischen Zimt oder auch Kassia-Zimt, der eine größere Menge des Aromastoffs Cumarin enthält und damit intensiv schmeckt, aber in größeren Mengen leberschädigend wirken kann. Den Echten Zimt oder Ceylon-Zimt erkennt man als Zimtröllchen an der fein aufgerollten Rinde. Dieser lässt sich auch anzünden und zum Räuchern verwenden.

Pflanzen als Kulturgut eng mit Weihnachten verbunden

Dass Pflanzen so eng mit dem Weihnachtsfest verbunden sind, liegt in den Augen der Botanikerin auch daran, dass sie als Kulturgut einfach dazugehören. "Viele Dinge, die den Menschen wichtig sind, haben sie sich mit Pflanzen erklärt, deshalb kommen auch an Weihnachten so viele Pflanzen ins Spiel." Wenn es darum geht, sich selbst mit Pflanzen aus der Natur zu versorgen, ist es Simon wichtig zu betonen:

"Mit Pflanzen zu dekorieren ist immer dann gut, wenn man aufsammelt, was runtergefallen ist."

So könne man schon unter dem Jahr beginnen, für Weihnachten zu sammeln, zum Beispiel Zapfen. Im Wald sollten auf keinen Fall Pflanzen abgeschnitten werden. "Man kann aber beim Forstamt anrufen und sich erkundigen, wo frisch geschlagen wurde. Das Tannengrün braucht die Forstwirtschaft nicht, also kann man das nach Absprache oft einfach mitnehmen."