Bei dem Blick ins Programm fällt auf, dass eines der drängendsten Themen der letzten drei Jahre fast ausgeblendet wird: Corona. Nur einen Treffer erhält man, gibt man den Namen des Virus oder den Begriff "Pandemie" in die App ein – dann wird auf die Ausstellung "Das beseelte Tier" der Lindauer Künstlerin Stephanie von Hoyos verwiesen. Sie will ihre Zeichnungen als "Hommage an die Tierseele" verstanden wissen – inspiriert von der Theorie des Überspringens des Coronavirus vom Tier auf den Menschen.

Die Kirchen sind "nach Corona" noch leerer als zuvor

So wertvoll diese künstlerische Auseinandersetzung mit Corona auch sein mag, sollte sich der Kirchentag doch inhaltlich mit den Folgen der gesellschaftlichen Umbrüche durch die Corona-Politik befassen. Auch wenn in der Bundesregierung ebenso wenig wie bei Vertretern der Gesellschaft und auch in weiten Teilen der Bevölkerung Interesse an Aufarbeitung oder Selbstkritik herrscht: Die Kirchen sind "nach Corona" noch leerer als zuvor.

Und auch wenn sich an vielen Orten Gemeinden und Pfarrpersonal redlich und kreativ um die Menschen bemüht haben, wurde mit 48 542 Austritten alleine auf dem Gebiet der ELKB ein Negativrekord aufgestellt. Allerorts scheinen ratlose Kirchenleitende diese Entwicklungen als alternativlos hinzunehmen.

Auch wenn der Trend der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft ohne Corona ebenso weiter vorangeschritten wäre: Die Teilnahme an Gottesdiensten an Impfnachweise zu binden oder die stille Zustimmung zu Kontaktbeschränkungen in Alten- und Pflegeheimen, während dort Menschen einsam starben, sind kirchliche Verhaltensmerkmale, die ihre Spuren bei den Mitgliedern hinterlassen haben.

Eine Themengewichtung, die einem teils fragwürdigen Zeitgeist folgt

Für "Kirchenaustritt" liefert die Kirchentags-App irgendwie konsequent 0 Treffer. Dafür 30 Events zum Begriff "queer", die passend im "Zentrum für Geschlechterwelten und Regenbogen" stattfinden, 50 bei "Rassismus" und über 60 bei "Klima".

Gesprochen wird über alltagstaugliche gendersensible Sprache, "queersensible Arbeit mit Konfirmanden" oder Polyamorie. Ohne diesen Themen ihre Berechtigung auf dem Kirchentagsprogramm absprechen zu wollen, zeigt sich hier doch eine Gewichtung, die einem teils fragwürdigen Zeitgeist folgt.

21 Treffer gibt die App für "Jesus" her, 28 für "Luther", 29 für "Hoffnung" und 90 für "Frieden". Das lässt dann doch ein bisschen auf den Heiligen Geist hoffen.

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