Sicherheitsrat verlängert UN-Mission in Afghanistan

Samstag, 18. September 2021, 18 Uhr: Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat das Mandat der UN-Mission in Afghanistan verlängert. Das Gremium nahm die Resolution, die von Estland und Norwegen eingebracht wurde, am Freitag einstimmig an. Damit verlängert sich der Auftrag der Afghanistan-Mission (Unama) um sechs Monate bis zum 17. März 2022.

Die Situation in Afghanistan bleibe unvorhersehbar, erklärte Norwegen nach der Abstimmung. Die Mitglieder des Sicherheitsrates hätten vereinbart, das nächste halbe Jahr für eine Einschätzung zu nutzen, wie Unama die afghanische Bevölkerung am besten unterstützen könne. Die Schwerpunkte der Mission bleiben demnach Menschenrechte, Frauen, Frieden und Sicherheit sowie humanitäre Hilfe.

Taliban ordnen Rückkehr von Jungen in die Sekundarschulen an

Freitag, 17. September 2021: Die Taliban haben die Rückkehr von Jungen in die weiterführenden Schulen angeordnet. Das Erziehungsministerium der Taliban-Regierung in Kabul kündigte am Freitag an, dass Jungen und männliche Jugendliche der Klassen 7 bis 12 ab Samstag wieder mit den Unterricht beginnen sollten. Mädchen wurden in der Erklärung nicht erwähnt. Alle männlichen Schüler und Lehrer müssen am 18. September in den Schulen anwesend sein, hieß es.

Es blieb unklar, ob Mädchen damit vom Unterricht in den Sekundarschulen ausgeschlossen werden oder ob Mädchenschulen zu einem späteren Zeitpunkt den Betrieb wieder aufnehmen werden. Die Grundschulen sind derzeit für Mädchen und Jungen geöffnet. Unter dem Taliban-Regime in den 1990er Jahren war Mädchen der Schulbesuch nicht erlaubt.

Laut dem afghanischen Fernsehsender Tolo News waren die Schulen nach mehreren Monaten Corona-Schließung erneut seit der Machtübernahme der Taliban geschlossen. Die Islamisten haben Mitte August die Kontrolle über die Regierung unternommen. Kurz danach erklärten sie mehrfach, den Frauen Bildung und Teilnahme am öffentlichen Leben erlauben zu wollen, so lange dies im Einklang mit der Scharia, dem islamischen Gesetz, sei. Das Gesetz kann aber sehr unterschiedlich ausgelegt werden. An Universitäten werden die Kurse nach Geschlechtern getrennt.

Skateboard-Pionier Dittmann muss Projekt in Afghanistan einstellen

Sonntag, 12. September, 09.32 Uhr: Der Münsteraner Unternehmer und Skateboard-Pionier Titus Dittmann hat wegen der Machtübernahme der Taliban in Afghanistan das Engagement seiner Initiative Skate-Aid in dem Land komplett einstellen müssen. Bereits seit 2015 sei die Betreuung eines Skateboard-Projekts an einer Schule in Karokh in der Provinz Herat "immer schwieriger bis unmöglich" geworden, weil der Einfluss der Taliban immer stärker und die Lage für die Mitarbeiter immer unsicherer geworden sei, sagte Dittmann dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Münster.

Das Projekt an der Schule sei außerhalb der größeren Agglomerationen wie Kabul oder Herat angesiedelt gewesen. Nach dem Rückzug der Grünhelm-Mitarbeiter im Jahr 2012 sei es vor allem in den ländlichen Gebieten Afghanistans immer schwerer geworden, die Projekte ohne weitere Hilfe zu betreuen. "Der Einfluss der Taliban auf dem Lande ist nie komplett zurückgedrängt worden und hat sich während meiner fünf Reisen nach Afghanistan zwischen 2009 und 2013 deutlich erhöht", berichtete Dittmann. Die Aufbauarbeit in dem Land war entsprechend schwer: Neben dem Projekt in Karokh konnte nur noch an einer französischen Schule in Kabul eine Gruppe für Skateboarder eingerichtet und betreut werden.

Eine von dem 72-jährigen Unternehmer geplante Kooperation der Universitäten Münster und Herat im Bereich Sportwissenschaften zerschlug sich überdies. "Der Kanzler der Universität Herat war plötzlich abgesetzt und wie vom Erdboden verschwunden. Informationen meiner Ortskräfte lassen politischen Druck durch Taliban als Ursache vermuten", sagte Dittmann, der als Sportlehrer in Münster das Skateboarding als Trendsport entdeckt und bundesweit etabliert hatte.

Dittmann selbst zeigt sich von der schnellen Machtübernahme der Taliban nicht überrascht: "Das war deutlich vorhersehbar." Mit Blick auf die Politik des Westens in dem Land bezeichnet er seine Stimmungslage als "Mischung aus Frust und Enttäuschung", gepaart mit der "ohnmächtigen Wut, handlungsunfähig zu sein".

Nun gehe es darum, den Mitarbeitern aus Afghanistan zu helfen. Zwei Ortskräften von Skate-Aid sei mit ihren Familien frühzeitig die Flucht aus dem Land gelungen. Ein Helfer lebt mittlerweile in Kanada, ein anderer hat es nach Deutschland geschafft. "Das größte Problem ist allerdings eine Lehrerfamilie aus Karokh. Er war Bauleiter und Betreuer der Skateboard-Jungengruppe und sie der Skateboard-Mädchengruppe", sagte Dittmann. Das Paar mit ihren drei Töchtern habe es nicht mehr rechtzeitig nach Kabul zum Flughafen geschafft, sie hielten sich momentan versteckt. Derzeit bemühe man sich, einen Weg zu finden, dieser Familie zu helfen. Über eine Nichtregierungsorganisation soll Hilfe organisiert werden.

Das Projekt in Afghanistan galt für die Initiative Skate-Aid bislang als Vorzeigevorhaben. Der Verein unterstützt oder unterstützte nach eigenen Angaben weltweit Projekte in 18 Ländern - darunter in Namibia, Ruanda oder Bolivien. Mit der Einrichtung von Skateparks und dem Angebot kostenloser Skate-Workshops sollen Jugendliche gefördert und in ihrer Entwicklung gestärkt werden.

Bayerischer Flüchtlingsrat fordert, gefährdete Afghan*innen weiter aufzunehmen

Freitag, 10. September 2021, 10.13 Uhr: In einem gemeinsamen Appell fordern der Bayerische Flüchtlingsrat und zivilgesellschaftlicher Organisationen, gefährdete Menschen aus Afghanistan weiter in Deutschland aufzunehmen. Viele gefährdete Menschen säßen mit ihren Familien immer noch in Afghanistan fest, heißt es in der Erklärung:

  • Mitarbeitende lokaler Partnerorganisationen und deutscher Organisationen
  • Frauenrechtsverteidiger*innen und Menschenrechtsaktivist*innen
  • Journalist*innen
  • bei Subunternehmen beschäftigte Ortskräfte und Regierungsangestellte

Zudem seien Angehörige von in Deutschland lebenden Afghan*innen und Deutschen in Gefahr: "Sie werden zum Teil bereits von den Taliban gesucht." In den vergangenen Wochen hätten Tausende verzweifelte Hilferufe die unterzeichnenden Organisationen erreicht. "Diesen Menschen muss schnellstmöglich eine Aufnahme ermöglicht werden."

Kabulluftbrücke: 65 Afghan*innen, die in Spanien festsaßen, dürfen einreisen

Donnerstag, 9. September 2021, 15.22 Uhr: Erik Marquardt, Europa-Abgeordneter der Grünen, teilt auf Twitter und Instagram mit, dass die Bemühungen um 65 aus Afghanistan evakuierten Menschen erfolgreich waren. Obwohl sie auf Listen des Auswärtigen Amts gestanden hätten, sei ihnen bisher die Einreise verweigert worden. Sie seien in Spanien festgesessen. Nun dürften sie nach Deutschland einreisen. 

Caritas will weiter in Afghanistan arbeiten

Donnerstag, 9. September 2021, 12.32 Uhr: Trotz der Machtübernahme der Taliban will die Caritas ihre Hilfsprojekte in Afghanistan fortsetzen. Seine Organisation wolle angesichts der "schieren Notlage in Afghanistan bleiben, wenn die Rahmenbedingungen stimmen", sagte Caritas-Präsident Peter Neher der "Augsburger Allgemeinen" (Donnerstag). Voraussetzung seien aber eine Sicherheitsgarantie durch die Taliban sowie eine Garantie, dass Frauen gleichberechtigt arbeiten könnten.

Es zeichne sich noch nicht ab, ob diese Bedingungen erfüllt würden, fügte Neher hinzu: "Wir sind da von der Bundesregierung und ihren Verhandlungen mit den Machthabern abhängig." Ein Caritas-Sprecher sagte am Donnerstag dem epd, der Leiter des Kabuler Büros der katholischen Organisation, Stefan Recker, stehe bereit, um nach Afghanistan zurückzukehren.

Neher betonte: "Wir haben viel Erfahrung vor Ort und haben unsere Arbeit nur einmal während der ersten Taliban-Herrschaft kurz eingestellt." Derzeit ruhten zehn von zwölf Projekten. Grund sei vor allem, dass aufgrund geschlossener Banken die finanziellen Mittel fehlten. Eine orthopädische Werkstatt sowie ein Projekt für Tuberkulose- und Leprakranke würden weiter betrieben.

Neher zufolge sind im Land derzeit 27 afghanische Frauen und Männer für die Caritas tätig. Obwohl die Arbeit der Caritas nach Möglichkeit fortgesetzt werden soll, dringt der Caritas-Präsident darauf, dass eine Ausreisemöglichkeit für die Ortskräfte besteht: "Es wäre wünschenswert, wenn die, die ausreisen wollen, das auch könnten." Die Namen der Mitarbeiter und ihrer Angehörigen sowie von früheren Beschäftigten seien dem Auswärtigen Amt gemeldet worden. Insgesamt gehe es um knapp 180 Menschen. "Von ihnen konnte bisher niemand ausgeflogen werden", erklärte der Caritas-Präsident.

Journalist: Letzter Jude hat Afghanistan doch verlassen

Mittwoch, 8. September 2021, 12.44 Uhr: Der Journalist Emran Feroz berichtet, der letzte in Afghanistan lebende Jude habe das Land nun doch verlassen. Zabulon Simentov hatte nach dem Einmarsch der Taliban in Kabul ursprünglich erklärt, er wolle in Afghanistan bleiben. "Die Taliban sind zurück, nun lasst uns gemeinsam die Thora finden", zitiert Feroz ihn. Doch nun hat Simentov sich offenbar anders entschieden. 

Handicap International setzt Arbeit in Afghanistan fort

Dienstag, 31. August 2021, 13.33 Uhr: Nach mehrtägiger Unterbrechung nimmt die Hilfsorganisation Handicap International die meisten ihrer Projekte für die Bedürftigsten in Afghanistan wieder auf. Der Bedarf an humanitärer Hilfe sei immens, teilte die Organisation mit. "Für viele Afghanen ist es lebenswichtig, dass wir weiterhin unsere Rehabilitations- und psychosozialen Dienste anbieten", betonte der Landesdirektor in Afghanistan, Julio Cesar Ortiz Arguedas.

Afghanistan sei durch den jahrzehntelangen Konflikt verwüstet und gehöre zu den Ländern mit den meisten explosiven Kriegsresten und Landminen, erklärte die Hilfsorganisation. Rund 80 Prozent der erwachsenen Bevölkerung leide in irgendeiner Form unter einer Beeinträchtigung, mehr als 2,5 Millionen Erwachsene oder 14 Prozent lebten mit einer schweren Behinderung.

Handicap International beginne nun nach und nach wieder mit den Aktivitäten in den Provinzen Herat, Kundus, Kandahar und Nimrus. Sollten aber Frauen oder andere Mitglieder der Bevölkerung am Zugang zur Hilfe gehindert werden, müsse die Zukunft der Programme überdacht werden.