Mit vielen kleinen Schritten will die ökumenische Genossenschaft Oikocredit den Bauern auf der südlichen Halbkugel eine gesicherte Existenz und eine faire Vergütung für ihre Produkte wie Kaffee oder Kakao schaffen. Denn die Entwicklungsgenossenschaft vergibt Microkredite vor allem an Kleinbauern, Genossenschaften und Familienfrauen in Lateinamerika, Asien und Afrika. Dass dieses System in der Praxis funktioniert, hat der bayerische Oikocredit Geschäftsführer Joachim Pietzcker bei einer Informationsreise nach Peru erlebt.

Pietzcker berichtet, dass Oikocredit vor allem im Hochland der Anden Kaffeebauern mit Kleinkrediten bediene. Dadurch seien sie in der Lage, finanzielle Durststrecken bis zur Ernte zu überbrücken. Außerdem benötigten die Bauern Finanzmittel, um die Qualität ihres Kaffees zu verbessern. Denn ein Kaffee mit der Güteklasse "84 Punkte" erziele einen höheren Preis als der Standard auf dem Weltmarkt. Um diese Qualität zu erreichen, müssen alle sieben Jahre die alten Kaffee-Sträucher durch neue ersetzt werden.

1,2 Milliarden Euro seit 1975

Das Oikocredit-Finanzierungsmodell trifft für den bayerischen Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm auch ein christliches Kernanliegen, weil es einen Beitrag für eine gerechtere Welt leisten könne. Der Bischof, der auch Ratspräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, hat am 13. April bei einer Oikocredit-Veranstaltung im Nürnberger Historischen Rathaussaal über das Thema "Hoffnung auf Gerechtigkeit - Christliche Verantwortung für Eine Welt" gesprochen.

Seit der Gründung von Oikocredit 1975 haben die Mitglieder der Genossenschaft und Anleger rund 1,2 Milliarden Euro zusammengebracht, die in Form von Kleinkrediten wiederum an 26 Millionen Menschen auf der ganzen Welt ausgeschüttet werden. Der Oikocredit Förderkreis Bayern mit Sitz in Nürnberg, der rund 4.000 Mitglieder hat, verwaltet Anteile im Wert von rund 80 Millionen Euro.

Oikocredit ist aber mehr als ein reiner Finanzdienstleister. Denn bei der Vergabe der Kredite spielt neben der Rendite und der wirtschaftlichen Perspektive auch die soziale Wirkung, der "social impact", eine entscheidende Rolle.

"Wir investieren in Menschen, begegnen ihnen auf Augenhöhe und wollen ihnen durch unser finanzielles Engagement eine dauerhafte Existenz ermöglichen", betont Oikocredit-Geschäftsführer Pietzcker.

Deshalb gehen die meisten der Kleinkredite auch an Frauen, weil sie kontinuierliche Verdienstmöglichkeiten oder ein Gewerbe brauchen, um ihre Familien menschenwürdig über Wasser halten zu können. Die Möglichkeit, dauerhaft wirtschaftlich auf eigenen Füßen zu stehen, führe auch zu einem ganz neuen Selbstwertgefühl: Denn diese Menschen sind dann nicht mehr Empfänger von Spenden oder Almosen, sondern Geschäftspartner.

Dass dieses finanzielle Engagement von Oikocredit nicht das Monopol der global operierenden großen Lebensmittel-Konzerne knacken kann, die häufig die gesamte Verwertungskette in der Hand haben, ist auch Pietzcker sehr bewusst. Dieses "gravierende Problem" bleibe bestehen, solange die Länder des globalen Südens ihre landwirtschaftlichen Produkte als Rohstoffe verkaufen müssen - Veredelung, Vertrieb und Vermarktung aber dann Firmen des globalen Nordens übernehmen.

Die Kleinkredite haben über die individuelle Existenzsicherung hinaus eine strukturelle Wirkung

Durch das Engagement von Oikodredit können die Menschen beispielsweise in Peru von ihrer Arbeit in ihren ländlichen Strukturen leben und sind nicht gezwungen, in die Slums der großen südamerikanischen Metropolen zu ziehen und, sich dort als Tagelöhner zu verdingen.

Oikocredit setzt Pietzcker zufolge als Bündnispartner auf Nichtregierungsorganisationen und auf die Kirche. Deshalb sieht er es als positiven Schritt, dass evangelische Kirchengemeinden offiziell Gelder bei Oikocredit anlegen können. Noch wichtiger sei allerdings, dass die Gemeinden mit ihren Netzwerken - vom Kirchenvorstand bis hin zu Eine-Welt-Gruppen - für die Idee der Microkredite werben.