Pilgern hat trotz seiner langen Geschichte erst seit kurzem wieder an Popularität gewonnen. "Heutzutage wird Pilgern immer beliebter", berichtet Tanja Zeller, Koordinatorin des Pilgerzentrums in Nürnberg. Die Pilgerherberge in Schwabach, in der sie sich ehrenamtlich engagiert, sei immer öfter belegt, erzählt sie. Nur an ganz heißen Tagen würden die Pilger ausbleiben.

Pilgerreferent Oliver Gussmann vom Gottesdienst-Institut erklärt sich das wachsende Interesse mit dem steigenden Stress im heutigen Berufsleben. Die Menschen würden nach Entschleunigung suchen und sie oft mit der Natur verbinden. Er sieht darin den "Ausdruck des Menschen, sich als Teil der Schöpfung wiederzufinden".

Wie das Pilgern im Christentum an Bedeutung gewann

Nicht immer fand das Pilgern von der evangelischen Kirche solche Unterstützung. Im Judentum sei das Pilgern zu bestimmten Orten schon zu biblischer Zeit üblich gewesen, erklärt Michael Kaminski, Autor des Buches "Pilgern mitten im Leben - Wie deine Seele laufen lernt". Im Christentum habe die Pilgerreise im Mittelalter an Bedeutung gewonnen, schreibt der Religionspädagoge. Diese sei vor allem aus dem Glauben heraus entstanden, um durch das Annähern oder Berühren der heiligen Reliquien selbst Heil zu erlangen.

In der Reformationszeit nahm das Pilgern schließlich wieder stark ab. Grund dafür war unter anderem Martin Luther selbst. Er soll über die Jakobspilgerreise gesagt haben: "Lass gehen dorthin, wer mag, du bleib daheim, denn keiner weiß, ob dort ein Jakobus oder die Knochen eines toten Hundes oder Pferdes begraben liegen."

In den letzten Jahrzehnten habe sich diese Entwicklung aber wieder umgekehrt. Die Wiederentdeckung der Pilgerstrecken habe der Pilgerbewegung neuen Antrieb gegeben, erklärt Kaminski. Im Vergleich zur mittelalterlichen Zeit habe sich allerdings der Fokus vom Ankommen am Ziel hin zu den Reiseerlebnissen auf dem Weg hin verschoben.

Jakobsweg in Mittelfranken deutschlandweit erste ausgeschilderte Strecke

1987 wählte der Europarat den Jakobsweg zur europäischen Kulturroute. Außerdem fand das Pilgern konfessionsübergreifend immer mehr Anklang. 2003 wurde der ökumenische Pilgerweg in Deutschland ausgewiesen.

In Mittelfranken eröffnete man vor 25 Jahren auf der Wegstrecke zwischen Nürnberg und Rothenburg ob der Tauber den ersten Jakobsweg. Der mittelfränkische Camino war damit deutschlandweit die erste ausgeschilderte Strecke des großen Pilgerwegenetzes, wie Andreas Schettler vom Fränkischen Albverein dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagt. Die Initiative sei sowohl vom evangelischen Pfarrer Geißendörfer als auch dem ersten Vorsitzenden des Fränkischen Albvereins, Wolfram Unger, ausgegangen.

Aber nicht nur der mittelfränkische Camino hat dieses Jahr sein Jubiläum. Die Einweihung des oberfränkischen Jakobsweges von Hof bis Nürnberg liegt nun zehn Jahre zurück, wie Pfarrer Thein von der Fränkischen Jakobs-Gesellschaft mitteilt.

Veranstaltungstipp

Jubiläumspilgern auf dem Jakobsweg in Mittelfranken

Zum Jubiläumspilgern für Mittelfranken laden die auf der Strecke liegenden Kirchengemeinden ein. Zu festgelegten Terminen kann man bei Tageswanderungen gemeinsam pilgern. Bis Oktober finden diese Wanderungen auf der Strecke zwischen Nürnberg und Rothenburg statt. Mehr Informationen lesen Sie in diesem Flyer.