Aus zahlreichen Kirchen in Bayern sind am Sonntag Gottesdienste per Videostream im Internet verbreitet worden. In seiner Predigt in der Nürnberger Lorenzkirche sagte der Nürnberger evangelische Regionalbischof, Stefan Ark Nitsche, die Ausbreitung des Corona-Virus mache deutlich, "dass wir Teil der Menschheit sind und wie vernetzt und verstrickt wir ineinander sind". Die Menschen müssten "am Montag nach Corona" anfangen, nachzudenken, "was uns das lehrt", sagte Nitsche in seiner Predigt im Online-Gottesdienst aus der Nürnberger St. Lorenzkirche am Sonntag. Die Chancen und die Gefahren der weltweiten Vernetzung müssten betrachtet werden. Er warnte vor billigen Erklärungen für die Corona-Pandemie wie: "Die Erde wehrt sich."
Gottesdienste gegen Angst und Verzweiflung
Die Angst, die derzeit viele beschleiche, und manche brutal packe, ließe sich nicht wegdiskutieren, sagte Nitsche. Der "Liebeserklärung Gottes" zu glauben, könne der Angst aber ihre Macht nehmen. Zu glauben, für Gott, aber auch für Andere wichtig zu sein, sei ein "wunderbares Gefühl" und richte auf, erklärte der Regionalbischof.
Viele Menschen seien damit aufgewachsen, bei sich selbst die Ursache für etwas Schlimmes zu suchen. Von einer Strafe Gottes für die Menschen könne aber nicht die Rede sein. Das sei eine Theologie, "die wirklich überholt ist", erklärte Nitsche. "Gott haut uns nicht auf den Kopf, wenn wir etwas falsch gemacht haben". Er locke heraus aus den Verstrickungen.
In einem vom Deutschlandfunk übertragenen Gottesdienst sagte der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, es könne sein, "dass wir nach 2015, als es um Geflüchtete ging, nun einmal mehr eine Revolution der Empathie und Achtsamkeit erleben". Empathie könne grenzenlos wirken, nicht wie das Virus, sondern stärker als das Virus und die Angst, die es verbreite: "Menschen, die Mitgefühl zeigen, die füreinander sorgen, die zusammenhalten, die sich auf das besinnen, was wirklich wichtig ist."
Online-Gottesdienste für Mitgefühl und Achtsamkeit
Die Gesellschaft mache in diesen Tagen die Erfahrung, dass in vielen Menschen das Beste wachgerüttelt werde. "Und das wirkt viel mehr als die Hamsterkäufe, bei denen die Angst dazu führt, dass Menschen nur noch um sich selber kreisen", sagte Bedford-Strohm, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) ist.
Zur Reflexion mahnte auch der Münchner katholische Kardinal Reinhard Marx in seiner Predigt, die ebenfalls per Internet und im Radio übertragen wurde. In Zeiten der Coronakrise sollten die Menschen auch die inneren Augen öffnen "für die ganze Dimension der Wirklichkeit, die uns in diesen Tagen in dramatischer Weise aufgezeigt wird". Die Auseinandersetzung mit Gott helfe, "wirklich zu begreifen, was diese Stunde uns sagen will für unser persönliches Leben, die Gesellschaft und die Welt insgesamt", erklärte der Münchner Erzbischof.
Auch die anderen katholischen Bischöfe in den bayerischen Bistümern und der Erzbischof von Bamberg stellten sich am Sonntag in ihren Hauskapellen oder dem Dom vor die Kameras.