Rund 60 Jahre hat das Kirchenfenster auf dem Dachboden der Erlanger Altstadtkirche gelegen. Mindestens. Restauratorin Martha Hör reinigt das Exponat wenige Tage vor dem Start der Stadtmuseum-Ausstellung "Welten - Wege - Wendepunkte" am vergangenen Sonntag (12. September) zum 300. Weihejubiläum der Kirche vom jahrzehntealten Schmutz und bessert kaputte Stellen aus. Kolja Birk, im Erlanger Stadtmuseum zuständig für die Technik, wird das Fenster bald in einem extra Raum ansprechend präsentieren.

"Auf jeden Fall hat es bei der umfassenden Sanierung der Kirche Mitte der 1960er-Jahre niemand für notwendig empfunden, dieses Fenster wieder einzubauen", sagt die stellvertretende Museumsleiterin Sandra Kastner. In der aktuellen Sonderausstellung kommen noch mehr solcher Schätze wieder zum Vorschein. Zum Beispiel drei Ölgemälde von Johann Adam Weber, einem aus Spalt stammenden Maler, der um 1800 Szenen aus dem Leben Jesu für die Altstadtkirche illustriert hat.

Kirche wurde 1288 erstmals erwähnt 

"Diese Bilder haben wir bereits seit 1970 im Depot, sie wurden noch nie ausgestellt", sagt Kastner. So bewegt wie die Geschichte der Kirche selbst seien teils auch die Schicksale ihrer Objekte. Der am 2. März 1721 nach über zehnjähriger Bauzeit der Heiligen Dreifaltigkeit geweihte Barockbau am Martin-Luther-Platz, dessen von weitem sichtbarer Turm die Stadtsilhouette prägt, ist schon das dritte Gotteshaus an dieser Stelle. Erstmals urkundlich erwähnt wurde dort eine Kirche im Jahr 1288.

1528 zog die Reformation in Erlangen ein. Im Dreißigjährigen Krieg brannte die Kirche 1632 nieder und wurde erst 1655 wieder aufgebaut. Der große Stadtbrand von 1706 zerstörte dann große Teile der Erlanger Altstadt, auch die Kirche. Auf den Ruinen des Vorgängerbaus entstand die heutige Kirche. Die Ausstellung ist eine Zusammenarbeit des Stadtmuseums mit der Kirchengemeinde sowie mit Kunstgeschichte-Studierenden der Uni Erlangen. Von dort kamen die Impulse für die Schau.

Glücksfall für Gemeinde und Museum

Ein echter Glücksfall für die Gemeinde und das Museum, sagten die Ausstellungsmacher. "Und während der Monate im Corona-Lockdown war der Austausch gar nicht so einfach wie in gewöhnlichen Zeiten", meint Kastner.

Ein Höhepunkt der Schau ist sicherlich die Darstellung der ältesten hölzernen Heiligenfigur der Kirche, die ebenso restauriert und auf ihre ursprünglichen Farben hin untersucht wurde. Mithilfe eines 3D-Druckers wird der Frauendarstellung ein Pendant an die Seite gestellt, das zeigt, wie die Figur einmal ausgesehen haben könnte. Neuestes Exponat: ein Tischgrill, den vor wenigen Jahren geflohene Frauen im Kirchenasyl nutzten.

Zur Schau ist die Podcast-Reihe "Welten - Wege - Wendepunkte" entstanden, in der Studierende die Kirchenschätze auch außerhalb der Museumstüre zum Leben erwecken wollen. Dabei sollen die Bedeutung des Worts, verblasste Heilige, deutliche Papstkritik, eritreische Kaffeerituale und Umwege über die Leichenhalle aufeinandertreffen.

Ein altes Kirchenfenster
Rund 60 Jahre hat das Kirchenfenster auf dem Dachboden der Altstadtkirche gelegen.