Viele Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen fragen sich, wie sie in Zeiten von Corona einen Gottesdienst feiern, Kinder taufen oder Jugend-Veranstaltungen anbieten können. Nach Ansicht von Pfarrer Christoph Breit könnten Streaming-Dienste, also die Übertragung von Video- und Audiodaten über das Internet, hier eine wichtige Hilfe leisten: "Wenn es keine Ausgangssperre gibt, kann Streaming einiges auffangen, was an Begegnungen nicht möglich ist", sagt Breit, der Beauftragte für Social Media der Evangelischen Kirche in Bayern.

Breit hat bereits einige Erfahrungen mit Streaming-Veranstaltungen gesammelt, so bei der Übertragung des Gottesdienstes zum Weltgebetstag 2019 aus Hellmitzheim und 2020 aus Bayreuth. Den Gottesdienst zum Frauensonntag (22. März 2020) soll es als LiveOnTape-Mitschnitt beim Amt für Gemeindedienst geben, sagt Breit, und fügt hinzu: "Es gibt zahlreiche Anfragen, aber meines Wissens noch keine landeskirchliche evangelische Gemeinde, die bislang den Versuch gestartet hat, sich mit dem Thema Streaming intensiv auseinander zu setzen".

Viele Freikirchen seien in Sachen Streaming schon viel weiter als die bayerische Landeskirche. Dies "sollten wir jetzt aufholen", findet Breit. Für ihn ist ein Livestream eine "digitale Erweiterung des Kirchenraums". Besonders wichtig sei deshalb ein Rückkanal: Bei Youtube können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Live-Events über die Chatfunktion direkt reagieren. Aber der Dialog mit den Nutzern könne auch über Mail stattfinden.

Im Übrigen müsse es auch nicht immer ein Live-Stream sein, findet Breit: "Es kann schon helfen, die Kurzfassung eines Gottesdienstes als Video zur Verfügung zu stellen oder die Geschichte, die im Kindergottesdienst gelesen wird, zusammen mit einem Basteltipp den Kindern zur Verfügung zu stellen, die sich zu Hause in Quarantäne befinden."

Breit empfiehlt den Kirchengemeinden, die technischen Voraussetzungen in ihrer Einrichtung zu überprüfen. So müsse ein freies WLAN in Kirchen installiert werden. Das "sichere Kirchennetz" der Landeskirche ermögliche rund tausend Gemeinden die Nutzung von WLan-Routern. Und mit "godspot" biete die Landeskirche eine gute Lösung für ein "freies und sicheres WLAN", so Breit.

Pfarrer und Gemeinden müssten mehr darüber nachdenken, wie sie ihre Inhalte "digital verfügbar machen können", findet Breit. Er ist sich sicher, dass die Folgen des Corona-Virus dazu beitragen werden, das Bewusstsein der Menschen zu ändern: "Digitalisierung bietet viele Chancen für die Kirche", sagt Breit.

Konkrete Tipps für einen Streaming-Gottesdienst

Pfarrer Wolfgang Leyk von der Neustädter Universitätskirche in Erlangen hat ein konkretes Konzept für einen Streaming-Gottesdienst erstellt. Für ihn ist ein Streaming-Gottesdienst kein Fernsehgottesdienst. Er ist aber auch kein Bericht von einem Ereignis. Andererseits sei es ein wichtiges Signal, wenn am Sonntag und in der bald kommenden Karwoche zu einem bestimmten Zeitpunkt Gottesdienst gefeiert werde. Die Glocken können geläutet werden und seien hörbar. Und der Gottesdienst sei für jede Gemeinden machbar.

Die meisten Gemeinden können nur mit einer Kamera streamen, der Setup von vielen Geräten ist oft nicht zu machen. Es muss so einfach sein, dass es sogar ein Pfarrer bedienen kann ? Deshalb fokussiert Pfarrer Leyk zunächst einen Bereich, nachdem er anfänglich den gesamten Kirchenraum gezeigt hat. Der Prediger spricht in das Mikrofon und in die Kamera. Weitere Tipps:

Kirchenmusik

Es sollte unbedingt eine musikalische Gestaltung geben. Allerdings ist es gut, wenn der Musiker im Sichtbereich der Kamera sitzt. Auch kurze Stücke oder Sologesang sind sinnvoll. Vielleicht kann während der Stücke dann auch der Kirchenraum gezeigt werden.

Liturgie

Einzelne liturgische Elemente wie das "Vater Unser" signalisieren, dass es ein Gottesdienst ist. Dennoch sollten diese liturgischen Formen weitgehend gekürzt werden. In diesem reduzierten Szenario ohne Gemeinde kann ein liturgischer Partner die Gemeinde vertreten. Diese Form kann also dennoch dialogisch bleiben.

Akteure und Kamera

Der Liturg sollte grundsätzlich der Kamera zugewandt sein. Wenn keine Gemeinde anwesend ist, dann ist die Kamera die Gemeinde. Und bitte viel lächeln. Offene Körperhaltung. Vorher selbst den Sichtbereich der Kamera ansehen und überlegen: Wie bewege ich mich, wie kommen Gesten rüber – d.h. mal eine Probeaufnahme. Versprecher sind übrigens kein Problem!

Dauer und Predigt

Die Predigt sollte unter 10 Minuten dauern und evtl. durch eine Zwischenlesung oder ein Musikstück geteilt sein. Pfarrer Leyk empfiehlt, den "Hauptgottesdienst" grundsätzlich unter 30 Minuten zu halten.

Konkrete Tipps und Hinweise für das Streaming von Gottesdiensten und Veranstaltungen gibt Pfarrer Christoph Breit in seinem Blogpost "Kirchendigital".

 

 

Tipps für Streaming von Gottesdiensten

Die ELKB-Rundfunkbeauftragte Melitta Müller-Hansen gibt folgende Tipps für das Streaming von Gottesdiensten:

  • Gestreamte Gottesdienste bedienen sicher das Bedürfnis der sogenannten Kerngemeinde, die in ihrer Kirche mit ihrer/m Pfarrer*in Gottesdienst feiert und die auch so begrüßt werden wollen: "Wir treffen uns in unserem vertrauten Kirchenraum und wissen uns verbunden …"
  • Deswegen wäre es wichtig, den Menschen diesen Raum zu zeigen, wenn Kameratechnisch möglich, meditativ zu verweilen auf Fenstern, Bildern, Kreuz …
  • Liturgisch Handelnde in halbnahen Einstellungen zeigen, zu nah bewirkt das Gegenteil, dass man wieder auf Abstand gehen will. Anders in der Predigt, wenn erzählt, argumentiert wird: da will man Gesicht sehen.
  • Rückgriff auf Psalmen, auf klassische Texte, die tragen, scheint mir wichtig in der Konzeption
  • Fürbittengebet braucht Kerzen
  • Beim Beten Hände zeigen, auf Kerzen zoomen, auf Kreuz, Bilder, die das Gebet ikonografisch unterstützen.