Eine drohende Abschiebung nach Bulgarien ist in Bayern derzeit der Hauptgrund für Kirchenasyle. Laut Stephan Theo Reichel, dem ersten Vorsitzenden des bayerischen Kirchenasyl-Vereins matteo, sind von den derzeit mehr als 30 so untergebrachten Menschen zwei Drittel davon bedroht.

Reichel macht sich große Sorgen wegen der Zustände in Bulgarien: 

"Die sind unbeschreiblich. Alle Flüchtlinge dort, ohne Ausnahme, erleben schwere Polizeigewalt und werden ins Gefängnis gesteckt.",

Generell lasse der Druck beim Kirchenasyl aber nach, da immer weniger Geflüchtete nach Deutschland kommen, sagt er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das generelle Problem sei, "dass große Teile der Politik in eine populistische Richtung geschwenkt sind, mit wenig Wissen und wenig Empathie".

Das bayerische Innenministerium verwies in einer Stellungnahme auf epd-Anfrage darauf, dass die Durchführung der Dublin-Verfahren "vollständig" dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Hauptsitz in Nürnberg obliege. Dessen Entscheidungen müssten dann durch bayerische Behörden vollzogen werden. Die inhaltliche Beurteilung des Einzelfalls und der Situation in dem Land, in das abgeschoben werde, sei ebenfalls ausschließlich eine Angelegenheit der Bundesbehörde.

Froh, dass Innenminister Herrmann Kirchenasyl respektiert

Froh sei Reichel, dass Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) das Kirchenasyl respektiere. In Bundesländern wie Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen sei die Lage anders. Dort habe es einige versuchte und erfolgte Brüche des Kirchenasyls gegeben.

"Wir haben neulich einen jungen Mann aus dem Kirchenasyl von Schleswig-Holstein nach Bayern gebracht, weil er dort nicht mehr sicher war", erzählt der "matteo"-Vorstand.

Große Unsicherheit herrscht laut dem Kirchenasyl-Experten seit dem Sturz des Assad-Regimes bei syrischen Geflüchteten. Dass führende Politiker immer wieder behaupteten, Syrien sei nun in Teilen wieder sicher und man könne dorthin abschieben, ist für Reichel "völlig absurd".

"Das Auswärtige Amt schreibt in seinem neuen Lagebericht, Syrien ist eines der gefährlichsten Länder der Welt."

Statt darüber nachzudenken, wie man möglichst viele Syrer abschieben könne, müsse man ihre Integration in Deutschland weiter fördern. Auch dafür setze sich "matteo" mit konkreten Projekten ein, aktuell in Kooperation mit der sächsischen Stadt Hoyerswerda, die dringend Pflegepersonal brauche und sich daher gezielt um Geflüchtete bemühe.

Mitgliederversammlung von matteo

Um die aktuelle Lage beim Kirchenasyl, Integration und andere politische Entwicklungen geht es bei der Mitgliederversammlung des Vereins matteo am Samstag (26. Juli) in Nürnberg. Pastorin Dietlind Jochims aus Hamburg, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirchenasyl, werde mit einem Redebeitrag erwartet, genauso wie David Geitner, Beauftragter für Kirchenasyl in der evangelischen Landeskirche in Bayern.

matteo sei zwar ein kirchlicher Verein mit 300 Mitgliedern, zu denen teilweise ganze Kirchengemeinden gehören, aber unabhängig, betonte Reichel.

Kommentare

Florian Meier am Fr, 25.07.2025 - 23:28 Link

Auch hier wird wieder eine sehr einseitige Sicht vertreten: Bulgarien ist gefährlich, Abschieben geht per se nicht, d. h. eigentlich sollen alle in Deutschland bleiben. In Bulgarien gilt EU-Recht, d. h. ähnliche Regeln, die uns zur Aufnahme von Geflüchteten verpflichten und niemand hat ein Problem damit, dass Bulgaren dort leben. Im Sinne einer europäischen Lösung ist das jedenfalls nicht. Das bedeutet ja nicht, dass man im individuellen Fall wegen besonderer persönlicher Härten oder anderer spezifischer Gründe Kirchenasyl nicht gewähren darf, aber mit der doch recht pauschalen Verweigerung geltendes Recht (Dublin) umzusetzen, wird man wenig Blumentöpfe gewinnen. Die Kirche stellt sich hier moralisch über den Gesetzgeber und das ist heikel. Der Bruch des Kirchenasyls ist dann nur folgerichtig, denn die Kirche entzieht sich nachher der Verantwortung für die Folgen weitgehend. Sicher ist die Dublinregelung alles andere als gelungen, aber solange es keine besseren Gesetze gibt, gilt sie nun einmal.