Beim Festakt am 3. Juni werden im Prinzregententheater unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erwartet. Gegründet wurde die DJS 1949. Im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) erzählt die DJS-Leiterin Henriette Löwisch unter anderem, wie sich die Ausbildung seit der Gründung der Journalistenschule gewandelt hat.

Frau Löwisch, wie ist es aktuell um das Ansehen von Journalistinnen und Journalisten in der Gesellschaft bestellt?

Henriette Löwisch: In den 1960er und 70er Jahren gehörten Redakteurinnen und Redakteure zu den Honoratioren der Gesellschaft. Bürgermeister, Lehrer, Pfarrer - und eben der Redakteur - waren damals mit die angesehensten Leute im Dorf. Das gibt es heute so natürlich nicht mehr. Ein Höhepunkt in der Geschichte des investigativen Journalismus war die Watergate-Affäre rund um den damaligen US-Präsidenten Richard Nixon, der nach Enthüllungen von Journalisten zurücktrat und damit einem Amtsenthebungsverfahren zuvorkam. Der Fall wurde sogar von Hollywood verfilmt. Heute hat der Beruf ein weniger glanzvolles Image.

Und dennoch: Nachwuchsprobleme haben Sie bei der DJS nicht?

Löwisch: Nein. Wir vergeben pro Ausbildungsjahrgang 45 Plätze. Für die gibt es schon immer und weiterhin deutlich mehr Bewerberinnen und Bewerber. Genaue Zahlen möchte ich aber nicht nennen, denn ich will hier keinen Wettbewerb zwischen den Journalistenschulen eröffnen. Was ich aber schon bemerke: Der Journalismus ist nicht mehr so ein Modeberuf, wie er es vielleicht mal war. Um die Jahrtausendwende haben viele junge Leute gesagt, dass sie "irgendwas mit Medien" machen möchten. Wer sich heute für den Journalismus entscheidet, ist dagegen sehr zielgerichtet in seiner Berufswahl.

Wie hat sich die Ausbildung in den vergangenen 75 Jahren verändert?

Löwisch: In den ersten Jahren gab es neben der handwerklich-journalistischen Ausbildung auch noch allgemeinbildende Kurse. Man darf ja nicht vergessen, dass viele junge Leute während des Zweiten Weltkrieges keinen durchgängigen Schulunterricht hatten. Zu Anfang war die journalistische Ausbildung auch noch sehr text-fokussiert, aber schon im dritten Jahr gab es Hörfunk-Kurse. In Sachen Digitalisierung hat sich enorm viel getan, Social-Media-Journalismus oder Format-Entwicklung kamen dazu.

Die DJS wurde gegründet, um Journalisten nach Ende des NS-Regimes für eine demokratische Gesellschaft zu sensibilisieren. Auch heute ist die Demokratie wieder bedroht. Wie gehen Sie an der DJS damit um?

Löwisch: Wir suchen Leute, die die Wahrheit lieben. Das bedeutet, dass sie erstens ergebnisoffen recherchieren, zweitens faktentreu sind und drittens transparent arbeiten und Fehler zugeben, wenn sie passieren. Ein besonderes Augenmerk in der Ausbildung legen wir daher auf eine fundierte Recherche, den Faktencheck oder auch Datenjournalismus. Journalisten sollen nichts wiederkäuen, was ihnen andere vorgekaut haben. Das war 1949 nach dem Ende des NS-Regimes ein ganz besonderer Auftrag für die DJS.

Und trotzdem: Viele Menschen sprechen von "Lügenpresse" oder "den Medien", die mit der Politik gemeinsame Sache machen...

Löwisch: Viele Redaktionen ringen in Zeiten von "Fake News" um Glaubwürdigkeit. Die Bedeutung des Recherchierens hat nochmal zugenommen. Alle, die diesen Beruf ergreifen wollen, müssen daher ihre Komfortzonen verlassen und sich auch in Lebenswelten begeben, in denen sie sich nicht wohlfühlen. Also: rausgehen, mit den Menschen reden und herausfinden, was sie interessiert und was ihnen wichtig ist. Nur im Büro sitzen - das funktioniert nicht. Und aus der eigenen Blase für die eigene Blase berichten - das funktioniert auch nicht. Wir müssen ja auch die Leute erreichen, die nicht zu unserem Milieu gehören.

Gehören Journalistinnen und Journalisten denn mehrheitlich einem bestimmten Milieu an?

Löwisch: Die meisten unserer Schülerinnen und Schüler haben ein Studium, häufig der Sozial- oder Geisteswissenschaften. Viele, aber nicht alle, kommen aus einer Akademiker-Familie und stammen aus einer Großstadt. Der Anteil von Menschen etwa mit Migrationsgeschichte oder einem nicht-akademischen Hintergrund ist vergleichsweise gering. Wir versuchen daher, diverser zu werden. Bei der Geschlechterverteilung haben wir schon 50:50 erreicht. Aber natürlich wollen wir auch Leute für den Journalismus begeistern, die keinen akademischen Hintergrund haben oder die aus technisch-naturwissenschaftlichen Berufen kommen. Da sind wir dran.

Ein häufiger Kritikpunkt an Medienschaffenden ist, dass sie sich eher dem linken Spektrum zugehörig fühlen als dem konservativen. Stimmt das?

Löwisch: Ich kann bei dieser ewigen Behauptung nicht mitgehen. Niemand konnte bisher ernsthaft belegen, dass Journalistinnen und Journalisten sich insgesamt eher dem linken und grünen Spektrum zugehörig fühlen. Woran will man das auch festmachen? Dass Grünen-Politikerinnen und Politiker weniger kritisiert werden? Das sehe ich nicht. Aber es stimmt, dass Journalisten tendenziell progressiv sind und Dinge verbessern wollen. Das kommt aber nicht von ungefähr, denn sie schreiben ja über Missstände. Das aber hat nichts mit Parteipolitik zu tun. Journalisten sollten für mein Empfinden ohnehin in keiner Partei sein.

Der Fernsehjournalist Hanns Joachim Friedrichs wird oft sinngemäß zitiert, dass ein guter Journalist Distanz halten und sich mit keiner Sache gemein machen sollte, auch nicht mit einer guten...

Löwisch: Der Gedanke stimmt grundsätzlich, hat aber seine Grenzen - und zwar dann, wenn es um die Verteidigung der Demokratie geht. Journalisten sollten immer Partei für die Demokratie ergreifen. Hier heißt es, Haltung zeigen und sich zugleich selbst hinterfragen. Konkret wird es beim Umgang mit Rechtsextremismus: Inwieweit berichtet man über Rechtsextreme, wie geht man mit entsprechenden Parteien wie der AfD um, darf man bestimmten Leute eine Bühne bieten? Diese Debatte müssen wir führen.

Sehen Sie die Pressefreiheit durch den Rechtsruck in Deutschland bedroht? Die AfD macht ja keinen Hehl daraus, dass sie wenig vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk hält und ihn - sollte sie an die Regierung kommen - in der derzeitigen Form abschaffen würde.

Löwisch: Natürlich könnte die AfD schon über die Rundfunkräte, oder noch mehr, sollte sie doch irgendwann in einem Bundesland Regierungsmacht bekommen, viel Schaden am öffentlich-rechtlichen Rundfunk anrichten. Aber so weit sind wir noch nicht. Die Pressefreiheit sehe ich in Deutschland eher bedroht durch eine abnehmende Medienvielfalt und durch Menschen, die offensichtlich meinen, dass sie Gewalt gegen Journalisten ausüben können. Sei es auf der Straße oder durch Hass im Netz. Zugegeben: Wir sind nicht in Mexiko, wo viele Medienschaffende ermordet werden. Aber auch bei uns gilt: Wehret den Anfängen.

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