Der Anfang des Stücks ist zugleich das Ende. Die drei Göttinnen unterhalten sich über das Ende der Welt und dass sie das gar nicht gut fanden. Wenn die Apokalypse schon stattgefunden haben könnte, wie hätte sie ausgesehen? Darüber philosophieren die drei Göttinnen. Für die eine ist Apokalypse eine Orange, die Donald Trump ähnelt und die über einen roten Knopf rollt. Die andere erzählt von komischen Bleistiften am Himmel, die kleine Pilze machen. Und die dritte beschreibt, wie das Meer kocht und alle Fische drei Augen haben. 

Handlung und Umsetzung des Stücks

Was war zuerst da, der Anfang oder das Ende? Zeit spielt für die drei Göttinnen keine Rolle. Das spiegelt sich auch in der Form des Stücks. In verschiedenen Schleifen scheint die Handlung regelmäßig von vorne zu beginnen, durch immer neue Wendungen entstehen Paralleluniversen, die gleichzeitig im Raum existieren. "Wir switchen durch die Perspektive der Göttinnen immer von einem Paralleluniversum ins nächste", sagt Jakob Weiss, Regisseur des Stücks, das am 21. Januar im Bamberger ETA Hoffmann Theater seine Uraufführung hat.

Eigentlich müsse man die verschiedenen Handlungsstränge gleichzeitig spielen, wenn man der Zeitlosigkeit Rechnung tragen wolle. "Aber das geht leider nicht", bedauert Weiss. Eine Aufhebung des Zeitkontinuums ist auch in der wunderbaren Theaterwelt nicht möglich. So bespielen die Darsteller des Fünf-Personen-Stücks verschiedene Zeitspannen. Die drei Göttinnen das Unendliche: Es gibt keinen Anfang und kein Ende - oder ganz viele davon, und zwar immer wieder. Die Erde, die quasi die gesamte Geschichte des Sonnensystems repräsentiert. Und der letzte Mensch Jens, der wiederum die ganze Menschheitsgeschichte abdeckt. Für den Regisseur ist vor allem der Monolog der Erde sehr berührend: "Wie sie sich ihrer eigenen Zeitlichkeit und dem Verfall bewusst ist, immer so vor sich hin rechnet, wie lange es noch dauert, und sich dabei so verloren und alleine fühlt."

Der letzte Mensch "Jens" erzählt die Menschheitsgeschichte

Der letzte Mensch Jens wiederum erzählt die Menschheitsgeschichte, was er erlebt, was er getan hat. In Gedanken wandert er durch die Zeit, durch Tausende Jahre. Seine Fehler und seine Versuche, eine bessere Lebensweise auf der Erde hinzubekommen - und das regelmäßige Scheitern. Jens ist der Gegenentwurf zu den drei göttlichen Figuren, mit seinem männlich geprägten Verständnis der Menschheitsgeschichte, den hierarchischen Strukturen und seiner toxischen Männlichkeit.

Für Regisseur Weiss ist Jens "keine Person, sondern eine Manifestation eines Prinzips auf der Bühne". Seine Lebensbeichte hören die Göttinnen, die dann wiederum abwägen müssen, ob das jetzt ein Argument dafür oder dagegen ist, dieser Spezies noch eine Chance zu geben.

"Ist das jetzt die Realität, der ich beiwohne, oder ist es eine Metapher?"

Kleine Anspielungen auf die Bibel, aber "keine Bibelstunde"

Natürlich kommen in dem Stück aus der Feder von Miroslava Svolikova auch Stellen aus der Bibel vor, wie zum Beispiel der Brudermord von Kain und Abel, aber nur als kleine Anspielungen. Das Stück sei "keine Bibelstunde", sagt Weiss. "Aber ich denke, das erwartet man bei diesem Titel auch nicht."

"Gi3F (Gott ist drei Frauen)" ist vielmehr eine popkulturelle schnelle Aneinanderreihung von Situationen aus den vergangen Jahrtausenden, die laut Regisseur Weiss "Zitatcharakter" haben: "Es ist wie Internetkonsum, eine kurz aufpoppende Zahl von Bildern."

Apokalyptisches Theaterstück mit spannender Inszenierung

Weiss und seine Dramaturgin Victoria Weich betrachten das Universum in ihrer Inszenierung als Techno-Club. Alles, was in diesem Club stattfindet, könnte das Universum sein - oder eben auch nicht. Die drei Göttinnen, die Erde und der prototypische Mensch Jens bewegen sich in diesem Club als Besucher, die von der Party übrig geblieben sind. Jakob Weiss erläutert, dass das Publikum sich nie ganz sicher sein kann: "Ist das jetzt die Realität, der ich beiwohne, oder ist es eine Metapher?" Beides sei auf der Bühne sichtbar und extrem spannend.

"Gi3F (Gott ist drei Frauen)" ist auf jeden Fall ein sehr apokalyptisches Stück. Aber wann das Ende stattfindet oder stattgefunden hat, kann man nicht deuten. Alles kann schon passiert sein oder kann erst noch kommen. Oder es passiert gerade. Die Gegensätze der drei Hauptcharaktere machen für Weiss den Reiz des Stücks aus: "Die Göttinnen sind gut gelaunt bis lakonisch. Die Erde ist melancholisch, und Jens ist verzweifelt und wütend. Und das im Kontrast gegeneinander gesetzt macht es aus und wirkt super witzig."