Die evangelische Pfarrerin Gabriele Zander lebt seit vier Jahren in Jerusalem. Sie ist zuständig für die Gemeinde vor Ort und die deutschen Pilger und Touristen. An Weihnachten in Jerusalem mag sie besonders, dass es nicht so viele Menschen gibt, die das Fest feiern:
"Es gibt nicht den ganzen Kommerz wie in Deutschland. Man feiert Weihnachten erst mal im Herzen."
Weihnachtsbeleuchtung Fehlanzeige, außer am "Neuen Tor" in die Altstadt und auch sonst bleibt die Geschäftswelt unberührt von Weihnachten. Auch wenn das gewisse Vorteile hat, ein bisschen weihnachtliche Stimmung wäre dann doch schön. Und die bringen die evangelischen Christen mit ein paar deutschen Weihnachtsbräuchen in die Altstadt von Jerusalem. Es fängt damit an, dass sie am Donnerstag vor dem 1. Advent Adventskränze binden. Dazu fahren sie auf den Sternberg, ein Rehabilitationszentrum der Herrnhuter Missionshilfe für Menschen mit Behinderungen. Dort gibt es einen Garten mit vielen Nadelbäumen, aus deren Zweigen Adventskränze gebunden werden, die dann am 1. Advent auf dem Weihnachtsbasar in der Erlöserkirche verkauft werden:
"Der Weihnachtsbasar ist ein riesen Event mit vielen Ständen im Kreuzgang der Erlöserkirche, wo es Glühwein gibt - was man sich bei der Hitze ja gar nicht so vorstellen kann - und Waffeln werden gebacken und Bratwürste gebraten."
Ein besonderer kulinarischer Genuss, denn Waffeln und Bratwürste gibt es in Israel sonst nicht. Auch bei vielen Israelis ist der Weihnachtsmarkt in der Jerusalemer Altstadt sehr beliebt: "Die deutsche Weihnachtskultur interessiert die Menschen hier sehr", weiß Pfarrerin Zander. Ob sie auch wegen der Würstchen und des Glühweins kommen, weiß sie nicht genau, aber dass sie von der Musik zur Weihnachtszeit begeistert sind, da ist sie sich sicher: "Deshalb besuchen sie auch gerne den Gottesdienst am Heiligen Abend, denn dann singt unser Chor und die Weihnachtslieder sind ja besonders schön. Da haben wir einige israelische Freunde, die uns verbunden sind und deshalb auch regelmäßig kommen."
Bei dem in deutscher Sprache gehaltenen Gottesdienst gibt es aus diesem Grund auch hebräische Lesungen für die Israelis sowie arabische für die Palästinenser, die teilnehmen.
Zu Fuß nach Bethlehem in der Heiligen Nacht - über den Checkpoint
Nach dem Gottesdienst an Heiligabend gibt es Glühwein für die ganze Gemeinde. Danach machen sich die Unerschrockenen auf nach Bethlehem - zu Fuß. So um die 200 Leute gehen Mitternacht in der Jerusalemer Altstadt los. Die Wanderung dauert ungefähr drei Stunden. Zwischendurch werden kurze Andachten gehalten und Weihnachtslieder gesungen. Klingt romantisch, nach Hirtenfeldern und Sternenhimmel. "So war es auch einmal", erzählt die Pfarrerin, "aber seit dem Mauerbau können wir die Wanderung so nicht mehr machen, denn dann stünde man plötzlich vor der Mauer. Die Gruppe muss die Straße entlang gehen und den Checkpoint passieren. Das ist schon ein spezielles Erlebnis."
Und ein komisches Gefühl. Doch die israelischen Soldaten, die dort Dienst tun, sind ganz entspannt, erzählt Gabriele Zander: "Die kennen das schon. Manchmal ist das dann auch ganz heiter und wir werden freundlich begrüßt: 'Ah! Da sind wieder die Christen'."
Trotz der Freundlichkeit empfindet die Pfarrerin den Checkpoint als Belastung: "Das trübt die weihnachtliche Empfindung und es konfrontiert einen mit der Realität, die hier im Land herrscht."
Zwischen 3 und 4 Uhr nachts kommen die Wanderer in der Geburtskirche in Bethlehem an. Dort beenden sie die Heilige Nacht mit ihrer Schlussandacht in der Seitenkapelle der Geburtskirche. An dem Ort, an dem Jesus der Überlieferung nach geboren ist.