Bayern habe es geschafft, eine Verbindung zwischen "Tradition und dem Neuem zu schaffen", Eigenes, Bewährtes zu erhalten "und gleichzeitig Neues zu schaffen", sagte er der "Augsburger Allgemeinen" in einem Artikel vom 23. Juli 2019. Bayern hinke nicht hinterher, nur weil es konservativer sei als andere Bundesländer, im Gegenteil, sagte Gauck. Genau dies müsse auch in Europa gelingen:
"Den Menschen zu sagen: Ihr könnt Polen bleiben, ihr könnt Dänen bleiben, aber ihr seid eben auch Europäer."
Das ehemalige Staatsoberhaupt warnte vor einer tiefen politischer Spaltung der Gesellschaft in Deutschland wie etwa in den USA: "Es könnte sein, dass wir in eine Situation wie in den USA hinein schlittern." Dort bewegten sich Progressive und Traditionalisten nur noch in ihren eigenen Kreisen und hätten eine solche Distanz zueinander geschaffen, "dass es kaum mehr Brücken zwischen den beiden Lagern gibt", sagte Gauck. "Oder schauen Sie nach Polen, wo sich die Liberalen und die Nationalkonservativen so feindlich gegenüberstehen, dass eine Koalition faktisch ausgeschlossen ist", fügte der Aktbundespräsident hinzu.
Die gegenwärtige Krise der Volksparteien führt gauck vor allem auf die Globalisierung zurück. Strategisch sei es für Union und SPD richtig, sich die Mehrheiten in der Mitte zu suchen. Allerdings dürfe die Mitte nicht so eng werden, dass diejenigen die sich "vor dem Wandel und noch mehr vor dem Tempo des Wandels fürchten" sich nicht mehr in dieser Mitte sehen.