Andrea Meier aus Markt Indersdorf bei Dachau ist amtierende bayerische Christbaumkönigin. Die 23-jährige Steuerfachangestellte ist quasi in ihr Amt "hineingewachsen", denn ihre Eltern besitzen seit 20 Jahren eine Christbaumplantage.
Im Gespräch mit Sonntagsblatt.de erzählt Andrea Meier, wie eine Königin in Corona-Zeiten regieren kann, warum sie glaubt, dass sich wegen der Pandemie noch mehr Menschen einen Weihnachtsbaum in die Wohnung stellen und warum die Chancen auf eine wirklich "stade Zeit" heuer besonders groß sind.
Frau Meier, Sie sind seit einem Jahr bayerische Christbaumkönigin - die vergangene Weihnachtssaison verlief noch "normal", nun haben wir Corona. Wie haben sich durch die Pandemie Ihre "Regierungsgeschäfte" verändert? "Regieren" Sie nun auch vermehrt aus dem Homeoffice?
Andrea Meier: Homeoffice ist für eine Königin eher schwierig. Von daheim kann man das Amt einfach nicht so ausführen, wie man gerne möchte. Klar habe ich versucht über Social Media mein Amt weiterzuführen und den Leuten zu zeigen, was bei uns unterm Jahr in der Christbaumkultur passiert. Aber das ist einfach nicht das Gleiche. Auf einer Veranstaltung kann man das Thema regionale Christbäume den Menschen im persönlichen Gespräch viel besser näherbringen. Was mich am meisten traurig macht, ist die Absage der Saisoneröffnung an diesem Donnerstag (26. November). Das war letztes Jahr schon ein kleines Highlight meiner Amtszeit.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Christbaumanbauer?
Meier: Natürlich geht auch an uns Corona nicht spurlos vorbei. Während der Planungen für den Weihnachtsbaum-Verkauf kamen jetzt auch noch die zusätzlichen Hygieneauflagen dazu, die man erfüllen muss. Beeinträchtigt ist der Verkauf aber eher weniger. Was sich eher bemerkbar macht, sind die Absagen der Firmenweihnachtsfeiern, die oft auf Christbaumbetrieben stattfinden. Aber deswegen brauchen die Mitarbeiter ja trotzdem einen Baum.
Ich finde es schade, dass in diesem Jahr das Verhältnis zu den Kunden eingeschränkt ist. Man steht ja doch mal kurz zusammen und ratscht oder trinkt einen Glühwein.
Das wird dieses Jahr wohl nicht möglich sein. Und das tut mir als Mensch, der gerne unter Leuten ist und das Gesellige mag, schon weh. Von Weihnachtsbau-Lieferungen halte ich im Übrigen nichts. Das ist wie Online-Dating - da passiert es ja auch selten, dass die Person vor einem steht, wie man sie vorher auf einem Foto gesehen hat.
Ihre Familie hat eine Weihnachtsbaum-Plantage. Wie handhaben Sie die Hygienemaßnahmen?
Meier: Wir haben gemeinsam mit den anderen Christbaumverkäufern, die ebenfalls Mitglied im Verband der bayerischen Christbaumanbauer sind, ein Hygienekonzept erstellt und abgestimmt. Wie in allen anderen Geschäften müssen die Kunden auch bei uns eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Zudem haben wir unsere Verkaufsfläche vollständig ins Freie verlagert. Die Option, dass die Kunden ihre Bäume selbst schlagen, gibt es dabei noch immer. Anhand eines Einbahnstraßensystems, Desinfektionsspendern und Hinweisschildern bescheren wir den Kunden einen sicheren Einkauf.
Die Menschen sind aufgefordert, am besten zu Hause bleiben und schon gar nicht zu verreisen. Da steigt doch die Wahrscheinlichkeit, dass sie es sich diesmal zu Hause gemütlich machen und einen Baum besorgen, oder?
Meier: Das kann gut sein. Die meisten werden dieses Jahr das Fest bei sich zu Hause feiern. Wir haben wegen Corona auf so Vieles verzichten müssen. Von daher denke ich, dass sich mehr Menschen als sonst einen Baum ins Wohnzimmer stellen.
Vielleicht vergisst man einen Moment den ganzen Corona-"Alptraum", wenn man am Heiligabend den geschmückten Baum sieht.
Das wäre doch ein Funkeln in den Augen wert.
Auf der anderen Seite sollen die Menschen aber auch große Ansammlungen meiden, viele verlegen ihre Weihnachtsshopping-Touren daher ins Internet. Da ist der Plastikbaum nicht weit...
Meier: Das denke ich weniger. Ich war letztens in der Innenstadt bei einem Termin, da waren die Geschäfte genauso voll wie vor Corona. Ich denke, dass es die Leute jetzt erst recht nach draußen zieht, weil sie seit Monaten ihr soziales Miteinander auf ein Minimum reduziert haben. Da kann doch ein Ausflug zu uns auf dem Betrieb "Christbaumstadl" ganz abwechslungsreich sein. Die Bestellung eines Plastikbaumes kann auch das einzige Erlebnis, das wir wahrscheinlich vor Weihnachten haben, nicht ersetzen. Zudem sollte so ein Kauf auch an dem Gewissen des Kunden nagen, denn Nachhaltigkeit oder Unterstützung der regionalen Geschäfte sieht anders aus.
Für alle Weihnachtsbaum-Anfänger, die in diesem Jahr nicht verreisen und sich daher ihre Wohnung weihnachtlich schmücken wollen. Ihr Tipp, worauf sollte man beim Baumkauf und der -pflege achten?
Meier: Das Wichtigste ist, dass der Baum aus der Region kommt und dort auch gewachsen ist. Die Sicherheit gibt das Logo auf dem Verkaufsetikett der Bayerischen Christbaumanbauer. Wann man den Baum kauft, ist jedem selbst überlassen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte seinen Baum selbst schlagen. Dann weiß man, woher der Baum kommt und wann er gefällt wurde. Am besten lagert man den Baum bis zum Fest in der Garage oder auf dem Balkon in einem Eimer Wasser. In der Wohnung sollte er nicht vor der Heizung stehen, und er sollte täglich gegossen werden. Wie er dekoriert wird, ist reine Geschmackssache. Aber man sollte auf die künstliche Spitze verzichten. Den hinter dem "perfekten Gipfel" steckt viel Arbeit.
Gibt es irgendwelche Trends?
Meier: Die Nachfragen über die Pflege und Herkunft des Baumes werden immer mehr. So langsam kommt das Thema Regionalität und Nachhaltigkeit bei den Leuten an, aber leider immer noch nicht bei allen. Im Trend liegt, wie in den letzten Jahren auch, immer noch die Nordmanntanne. Die steht bei fast 80 Prozent am 24. Dezember in den Wohnzimmern. Wahrscheinlich auch bei uns. Von einer Blaufichte konnten wir unsere Mutter noch nicht überzeugen.
Uns Sie als Christbaumkönigin werden den Baum dann wahrscheinlich auch selbst schmücken, oder?
Meier: Natürlich. Diese Aufgabe gebe ich nicht aus der Hand. Ich mag es klassisch: Somit werden auch in diesem Jahr unsere roten Kugeln und Holzanhänger am Baum hängen. Feiern werden wir wohl nur im engen Familienkreis und natürlich zu Hause.
Weihnachten wird - wenn man die Debatten um mögliche Lockerungen während der Feiertage verfolgt - als Licht am Corona-Horizont gesehen. Woher kommt diese Sehnsucht?
Meier: Ich denke, die Sehnsucht nach ein paar "normalen Tagen" hat sich über das ganze Jahr bei jedem angestaut. Gerade auch nach dem ausgefallenen Osterfest. Da freut man sich doch dieses Jahr aufs Weihnachtsfest, um da paar Stunden mit der schrecklich netten Verwandtschaft Zeit zu verbringen. Aber ich persönlich finde nicht, dass es ein Licht am Corona-Horizont ist. Wenn ich überlege, was wir vor und auch nach den Feiertagen wieder einstecken müssen - keine Skifahrten, kein Fasching, keine Schützenbälle - ist es nur eine kleine Freude bei mir.
Aber ich glaube auch, dass es uns irgendwie auch mal guttut, die sogenannte "Stade Zeit" auch wirklich mal stad sein zu lassen.
Es heißt ja immer die besinnliche Weihnachtszeit, besinnlich ist die aber bei den meisten ja doch nicht. Es wird ja sonst von Weihnachtsfeier zu Weihnachtsfeier gefahren. Ich finde, wir sollten dieses Jahr nutzen und einmal wirklich zur Ruhe kommen.