In Würzburg wird am Mittwoch das sogenannte Denkmal "DenkOrt Deportationen" eingeweiht. In vielen Städten und Gemeinden wird schon lange der Opfer des NS-Regimes gedacht, es gibt zahllose Stelen oder Informationstafeln zur perfiden Tötungsmaschinerie der Nazis und ihren Ausläufern vor Ort.

Der Würzburger "DenkOrt" aber ist anders: Es geht nicht nur um die aus Würzburg stammenden NS-Opfer, vornehmlich Juden, die in Richtung Theresienstadt deportiert wurden, erläuterte Mit-Initiatorin Benita Stolz Ende letzten Jahres. Der "DenkOrt Deportationen" spannt ein Netz über eine ganze Region. Er ist somit zentrales und dezentrales Denkmal gleichzeitig - und vor allem: Er soll nichts Statisches sein.

"DenkOrt Deportationen"

Im Mittelpunkt steht dann zwar doch eine ganze Menge Beton. Der Würzburger Architekt Matthias Braun hat ein Denkmal entworfen, das mit genau diesem bekannten Bildmotiv arbeitet: zurückgelassene und herrenlose Gepäckstücke. Sie sind auf anthrazitfarbenen Betonblöcken auf einer Fläche vor dem Würzburger Hauptbahnhof drapiert worden. Dutzende Gepäckstücke sind inzwischen am "DenkOrt" installiert.

Für Rotraud Ries vom Johanna-Stahl-Zentrum zur Dokumentation jüdischen Lebens in Unterfranken ist der "DenkOrt" deshalb besonders, weil es "von jedem Gepäckstück eine Kopie gibt". Die Kopien werden nicht in Würzburg stehen, sondern in den jeweiligen Gemeinden, aus denen die Juden vom NS-Staat deportiert wurden.

Der "DenkOrt Deportationen" in Würzburg wird eröffnet.

Eröffnung des Gedenkortes

Zur Eröffnung, die wegen der Corona-Auflagen weitgehend ohne Öffentlichkeit und nur mit einer Handvoll geladener Gäste stattfinden kann, hat sich der Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle (CSU) angekündigt.

Auch der in Würzburg lebende Präsident des Zentralrates der Juden, Josef Schuster, wird eine kurze Ansprache halten - ebenso wie Benita Stolz vom Verein "DenkOrt", der das Projekt maßgeblich vorangetrieben hat, sowie Rotraud Ried vom Johanna-Stahl-Zentrum. Die Eröffnung soll per Livestream auch ins Internet übertragen werden, hieß es.

Entstehungsgeschichte

Das ganze Projekt kostet am Ende rund 250.000 Euro. Etliches ist durch Spenden, Zuschüsse und Sponsoren schon beisammen - aber trotzdem könnte der Verein "DenkOrt Aumühle" noch Geld gebrauchen, um alles auch wie geplant umzusetzen. Die Idee zu einem Denkmal für die von den Nazis verschleppten und oft ermordeten Menschen kam erstmals Mitte der 2000er Jahre auf.

Ursprünglich sollte der "DenkOrt" an den Verladebahnhof Aumühle kommen - von dort aus traten die meisten der Deportierten ihre Fahrt in eine ungewisse und oft tödliche Zukunft an. Doch bauliche Probleme am Standort machten das unmöglich.

Grundsteinlegung in Würzburg

"Der Verein kann gut mit dem Standort Hauptbahnhof leben", sagte Vereins-Gründungsmitglied Karlheinz Spiegel im November 2019 bei der Grundsteinlegung des "DenkOrts". Schließlich fuhren die meisten Deportations-Züge über den Hauptbahnhof. Neben der historisch also vorhandenen Verbindung sei die Aufmerksamkeit für das Denkmal dort größer.

Sitzgelegenheiten sollen zum Verweilen einladen, diverse Stelen über die Hintergründe informieren. "Wir wollen, dass der 'DenkOrt' belebt wird - in einer angemessenen Art und Weise", erläuterte Stolz. Eine Picknickpause auf den Koffern gehöre "eher nicht dazu".

Insgesamt wurden aus Unterfranken mehr als 2.000 jüdische Bürger in den Jahren 1941 bis 1944 verschleppt und größtenteils ermordet. Die erste größere Deportation unterfränkischer Juden fand vor mehr als 78 Jahren am 27. November 1941 statt.