Die antisemitische Darstellung der "Judensau" am Regensburger Dom soll mit einem neuen Textkommentar versehen und so historisch eingeordnet werden. Darauf haben sich Vertreter des Freistaats, der jüdischen Gemeinde und der katholischen Kirche geeinigt, wie der Antisemitismus-Beauftragte der Staatsregierung, Ludwig Spaenle (CSU), sowie die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Regensburg, Ilse Danzinger, am Freitag in Regenburg mitteilten.

Spaenle sagte laut Mitteilung, judenfeindliche Darstellungen an historischen Gebäuden dürften "nicht unkommentiert stehen bleiben", die Gesellschaft als Ganzes müsse "einen grundsätzlich bewussten und verantwortungsvollen Umgang damit finden". Zugleich dürften diese Darstellungen an Kirchen oder weltlichen Gebäuden "auch nicht in einer Art Bilderstürmerei" entfernt werden. Denn sie seien "zugleich Erinnerungsorte für dramatische Vorstellungen vergangener Zeiten", sagte Spaenle.

Die Hinweistafel hatte lange Zeit für Diskussionen gesorgt

Jahrelang gab es um den richtigen Umgang mit der "Judensau" am Regensburger Dom teils hitzige Debatten. Eine bereits am Dom angebrachte Hinweistafel hatte selbst für scharfe Kritik gesorgt, weil dort etwa zu lesen ist, dass die "Spottfigur" der "Judensau" in ihrem "antijüdischen Aussagegehalt für den heutigen Betrachter befremdlich" sei. Eine wirklich kritische Einordnung sei damit nicht gegeben, wurde moniert. Auch Spaenle bezeichnete den Text Ende 2020 als "verbesserungsbedürftig".

Der neue Textkommentar wurde gemeinsam mit Eva Haverkamp-Rott, Professorin für Mittelalterliche Jüdische Geschichte und Kultur an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München, verfasst. Die Darstellung von an einer Sau saugenden Juden "sollte Ekel und Verachtung" hervorrufen, heißt es im neuen Text. Die Skulptur sei im 14. Jahrhundert "gegenüber dem jüdischen Wohnviertel angebracht" worden. Mit dieser Propaganda seien Juden "zu Feinden des Christentums erklärt" worden.

Gemeinde-Vorsitzende Danziger sagte, heutzutage sei Antisemitismus "leider wieder überall präsent und auch wieder salonfähig". Es sei deshalb wichtig, "auf jede Art von Judenfeindlichkeit und Hass hinzuweisen". Aus diesem Grund sei die Jüdische Gemeinde dagegen, die Schmähplastik einfach zu entfernen. "Sie ist ein Teil der Regensburger Geschichte und soll sichtbar und deutlich gezeigt, aber auch kommentiert werden", sagte Danziger. Der Text Haverkamp-Rotts sei dazu sehr gut geeignet.

Die Tafel soll nun mit zusätzlichem Info-Material versehen werden 

Neben der deutschen soll der Textkommentar auch in einer englischen Fassung am Dom angebracht werden. Der Text diene "als Grundlage für ein mögliches Vorgehen an anderen historischen Orten", an denen "Judensäue" oder andere judenfeindliche Darstellungen zu sehen sind. Verbunden werden soll der Text am Dom mit weiteren Informationen auf der Internetseite des Antisemitismus-Beauftragten. Über weitere Info-Möglichkeiten wie zum Beispiel Flyer oder Führungen werde nachgedacht.

In Bayern gibt es mehrere "Judensau"-Darstellungen, neben dem Regensburger Dom beispielsweise auch an der evangelischen Kirche St. Sebald in Nürnberg oder am Tor der Burg Cadolzburg im Kreis Fürth. Bereits Ende Dezember 2020 hatte ein Runder Tisch auf bayerischer Ebene Empfehlungen zum Umgang mit derartigen Bildnissen vorgelegt.