Die CDU-Politikerin Elisabeth Schwarzhaupt war als Gesundheitsministerin ab 1961 in der Regierung Konrad Adenauer nicht nur die erste Ministerin in der Geschichte der Bundesrepublik, sondern auch die erste Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die erste stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion im Bundestag. Die erste Frau, die 1966 von Kanzler Ludwig Erhard mit der höchsten Auszeichnung der Bundesrepublik – dem Großkreuz des Bundesverdienstordens – geehrt wurde. 

Damit lebte die promovierte Juristin selbst, wofür sie sich als Politikerin erfolgreich engagierte: die Gleichberechtigung der Frau. Elisabeth Schwarzhaupt trug mit ihrer Politik maßgeblich zu einer modernen Familien- und Frauenpolitik in der Bundesrepublik bei – oft gegen den Widerstand auch aus ihrer eigenen Partei.

Elisabeth Schwarzhaupt: Diese Gesetzesänderungen erwirkte sie

So erreichte sie, dass der so genannte Gehorsamsparagraf im Jahr 1957 aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) gestrichen wurde. Diesem Paragrafen 1354 aus dem Jahr 1900 zufolge entschied bei Streitfällen in der Familie stets der Mann: "Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu", hieß es in §1354 BGB. Was bedeutete: Wollte der Ehemann nicht, dass seine Frau arbeitete, konnte er das Arbeitsverhältnis gegen ihren Willen kündigen. Das Vermögen und die Einkünfte der Frau gehörten dem Ehemann. Getilgt, auch dank des Engagements von Elisabeth Schwarzhaupt. 1958 trat das "Erste Gleichberechtigungsgesetz" in Kraft.

Elisabeth Schwarzhaupt

Als Bundestagsabgeordnete sorgte Elisabeth Schwarzhaupt dafür, die rechtliche Stellung unehelich geborener Kinder zu verbessern. Auch an der Reform des – noch aus der NS-Zeit stammenden – Scheidungsrechts war Elisabeth Schwarzhaupt 1961 beteiligt. Anders als bis dahin üblich, mussten Männer nun ihren mittellosen Frauen im Fall der Scheidung einen Unterhalt zahlen. 

Ihr Engagement für die Gleichberechtigung von Frauen wurde Elisabeth Schwarzhaupt buchstäblich in die Wiege gelegt: "Meine Eltern hielten viel von der liberalen Frauenbewegung", schrieb sie einmal in ihrem Lebenslauf.

Die Gleichberechtigung der Frau, wie sie damals verstanden wurde, war in unserem Elternhaus eine Selbstverständlichkeit.

Elisabeth Schwarzhaupt

Eine Selbstverständlichkeit bei der Lehrerfamilie Schwarzhaupt zu Hause in Frankfurt, aber längst nicht so selbstverständlich war das zur damaligen Zeit, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, in der deutschen Gesellschaft.

Als junge Frau engagierte sich Elisabeth Schwarzhaupt gegen den Nationalsozialismus. Sie hatte Hitlers "Mein Kampf" und "Mythus des 20. Jahrhunderts" des NS-Ideologen Alfred Rosenberg gelesen und war entsetzt. Dem setzte sie 1932 ihre eigene Schrift "Die Stellung der Frau im Nationalsozialismus" entgegen. Darin warnte sie etwa davor, dass die NS-Ideologie gegen die politische Mitwirkung von Frauen war und dass Frauen aus dem Berufsleben "entfernt" werden sollten.

Im Dritten Reich verliert Elisabeth Schwarzhaupt ihre Stelle als Richterin

Genau dies bekam sie ein Jahr später als Richterin am eigenen Leib zu spüren: Als die NS-Justiz 1933 Frauen verbietet, ein Richteramt zu bekleiden, verliert sie ihre Stelle an einem Gericht in Dortmund. "Der Anfang des Dritten Reichs war für meine Umwelt und mich persönlich in vieler Hinsicht ein Ende, ein Zusammenbruch", sagte Elisabeth Schwarzhaupt Jahrzehnte später. 

In vieler Hinsicht – das bedeutete im Fall von Elisabeth Schwarzhaupt auch: in privater Hinsicht. Ihr Verlobter, ein jüdischer Arzt, emigriert nach der Machtergreifung der Nazis 1933 in die Schweiz. Die Juristin will nachkommen, sobald sie dort eine Stelle findet. Als ihr dies nicht gelingt, lösen die beiden die Verlobung 1936 auf. Elisabeth Schwarzhaupt bleibt unverheiratet und kinderlos.

"Die Angst hatte mich so mutig gemacht."

So beschrieb sie später einmal ihr Engagement gegen die Nazis und für die Deutsche Volkspartei (DVP) im Wahljahr 1932. Als sie sich jedoch ein Jahr später zunehmend durch die Nazis bedroht fühlte, zog sie sich zurück.

Acht Jahre nach dem Krieg, 1953, beginnt sie, sich bundespolitisch zu engagieren, und wird in den Bundestag gewählt. Höhepunkt ihrer Karriere bleibt 1966 die Ernennung zur Bundesgesundheitsministerin.

 

Elisabeth Schwarzhaupt: Kurzbiografie

Elisabeth Schwarzhaupt wird am 7. Januar 1901 in Frankfurt am Main geboren. 1920 Abitur und Lehrerinnenexamen. Anschließend Studium der Rechtswissenschaften in Frankfurt und Berlin. 1930 zweites juristisches Staatsexamen. Bis 1932 Beraterin der "Städtischen Rechtsauskunftsstelle für Frauen" in Frankfurt. Anschließend Richterin in Dortmund und Frankfurt. Als 1933 die NS-Justiz Frauen verbietet, ein Richteramt zu bekleiden, wird sie entlassen und beginnt ihre Promotion, die sie 1935 abschließt.

Ab 1936 juristische Mitarbeiterin bei der Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche in Berlin. 1944 wird sie als erste Frau zur Oberkirchenrätin ernannt. Von 1947 bis 1953 ist sie im Außenamt der Evangelischen Kirche tätig. 1953 Eintritt in die CDU, im selben Jahr Wahl in den Bundestag.

Am 14. November 1961 wird Elisabeth Schwarzhaupt als Bundesgesundheitsministerin in der Regierung Konrad Adenauer vereidigt – sie ist damit die erste weibliche Ministerin in der Geschichte der Bundesrepublik. Das Amt hält sie bis 1966. 1969 zieht sich die 68-Jährige aus der Politik zurück. 1970 bis 1974 ist sie Vorsitzende des Deutschen Frauenrats und des Deutschen Akademikerinnenbunds. Am 29. Oktober 1986 stirbt Elisabeth Schwarzhaupt in ihrer Heimatstadt Frankfurt.

"Rebellinnen": Die Ausstellung über starke Frauen

Dieser Text ist Teil der Wanderausstellung "Rebellinnen". Sie stellt Frauen aus dem deutschsprachigen Raum vor, die für ihre Überzeugungen und Rechte kämpften, die Gesellschaft prägten, sie verändern wollten.

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Ein ausführlicher Lebenslauf zu Elisabeth Schwarzhaupt mit vielen Fotos findet sich auf der Seite der Stiftung unter diesem Link.