"Wir werden in diesem Jahr Festspiele erleben, die anders sind", sagt Festspiel-Intendant Markus Hinterhäuser.  Deutlich weniger Veranstaltungen mit einem deutlich geringeren Kartenangebot zwischen dem 1. und 30. August - das heiße auch weniger Zuschauer.

"Aber es werden Festspiele sein, die jedem Sicherheitsanspruch gerecht werden."

Dass die massiven Einschränkungen nun gerade im Jubiläumsjahr des traditionsreichen Festivals anstehen, müsse als "künstlerische Herausforderung" betrachtet werden, so sieht es Hinterhäuser.

Festspielgründer Max Reinhardt sei vor 100 Jahren davon überzeugt gewesen, die Kunst müsse "nicht als Dekoration, sondern als Lebensmittel und Lebenssinn" verstanden werden.  Dass die Festspiele trotz der Corona-Pandemie überhaupt stattfinden können, lasse diesen Gründungsgedanken aktueller denn je erscheinen.

Salzburger Festspiele zeigen zwei Opern statt zehn

Nur zwei statt wie geplant zehn Opern stehen auf dem Programm, "Elektra" von Strauss und "Così fan tutte" von Mozart.

Die Theatersparte präsentiert neben dem "Jedermann" die mit Spannung erwartete Uraufführung "Zdenek Adamek" von Literaturnobelpreisträger Peter Handke; und der Pianist Igor Levit wird einen Zyklus aller Beethoven-Klaviersonaten spielen.

Als Regisseur Reinhardt und Dichter Hugo von Hofmannsthal während des Ersten Weltkriegs die Idee hatten, Festspiele in Salzburg zu gründen, folgten sie einer Vision: Sie wollten helfen, die Völker zu versöhnen und zur Einigung Europas beizutragen.

Markenzeichen der Festspiele ist Hofmannsthals "Jedermann", inszeniert von Max Reinhardt in Salzburg, zum ersten Mal am 22. August 1920 aufgeführt. "Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes" erzählt, wie der sehr wohlhabende, aber hartherzige Jedermann nach seinem Tod dank seiner Reue doch noch erlöst wird.

Stadt Salzburg nutzt Treppen vor Salzburger Dom

Hofmannsthal und Reinhardt wollten dem Theater "das Festliche und Feiertägliche" wiedergeben.

Die Treppen vor dem Salzburger Dom von 1628 sind der ideale Schauplatz. Besonderen Effekt machen die Jedermann-Rufe von anderen Kirchtürmen der Stadt.

Festlich und traditionell sind seit jeher auch die Roben der Zuschauerinnen und Zuschauer: "Festliche Kleidung ist erwünscht", steht hinten auf den Festspielkarten. Dabei gilt selbstverständlich für eine Opernpremiere - langes Abendkleid - ein anderer Dresscode als für eine normale Vorstellung, bei der es auch ein "langes, elegantes Dirndl" sein darf.

"Jedermann" bei Salzburger Festspielen

Für ein Konzert am Vormittag sollte die Dame ein Kleid "ohne viel Glitzer" tragen, am Abend heißt es dagegen: "Es darf glitzern". Allen Besuchern, denen diese Kleidervorschriften zu kompliziert sind, sei der "Jedermann" anempfohlen.

"Damen und Herren: Tracht", heißt es dazu vergleichsweise übersichtlich in den einschlägigen Wegweisern durch den Dresscode-Dschungel. "Jedermann" ist bis heute das große Event der Salzburger Festspiele geblieben - "unsere Milchkuh", sagte einst Gerard Mortier, Festspiel-Direktor zwischen 1991 und 2001. Die Aufführung hilft, risikoreiche neue Projekte zu finanzieren.

Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland 1938 wurde der "Jedermann" abgesetzt, denn Regisseur Reinhardt - inzwischen in die USA emigriert - war Jude. Erst 1946 wurde das Stück wieder gespielt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Herbert von Karajan der unangefochtene Übervater der Festspiele. Er sorgte für unvergessliche Aufführungen von Opern Wolfgang Amadeus Mozarts, von Richard Strauss und Giuseppe Verdi.

Nach Karajan gab es mit dem belgischen Theatermanager Gerard Mortier im Jahre 1991 einen zunächst umstrittenen Neuanfang.

Er verjüngte das Publikum und stellte den allbekannten Repertoire-Hits auch weniger bekannte Werke und Modernes gegenüber.

Seit 2016 hat Markus Hinterhäuser die Zügel in der Hand und versucht, einen Mittelweg zu gehen zwischen gesellschaftlichem Event, ökonomischem Erfolg und künstlerisch herausragenden Produktionen. Wirtschaftlich geht sein Konzept offensichtlich auf: In den vergangenen Jahre eilten die Festspiele ökonomisch von Rekord zu Rekord. 2019 wurden mehr als 270.000 Karten verkauft, bei einer Platzauslastung von 97 Prozent.

Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler

"Wo der Wille nur erwacht, da ist schon fast etwas erreicht", zitiert Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler Festspielmitbegründer Hugo von Hofmannsthal. Deshalb seien die diesjährigen Festspiele auch zu keinem Zeitpunkt abgesagt gewesen.

Alle geplanten Produktionen des Jubiläumsprogramms, die 2020 nicht zur Aufführung kommen, sollen 2021 gezeigt werden: Das Jubiläumsprogramm wird mit der Eröffnung der Landesausstellung Ende Juli 2020 beginnen und erst im Jahr darauf offiziell enden, am 31. Oktober 2021.