Weit offen steht die Tür zum Laden in der Maxvorstadt, in dem früher Klamotten verkauft wurden. Draußen typischer Großstadttrubel: zur Linken ein Nagelstudio, gegenüber ein Café, Passanten, Radler, die U-Bahnstation zehn Meter entfernt. Drinnen im "z'sam" wartet Sabine Bankauf am groben Holztisch, der neben der lässig abgeschrammten Ledercouch und ein paar Barhockern das Zentrum des schlichten Raums ist.

Zusammen mit einem zehnköpfigen Ehrenamtlichen-Team berät sie in der Freiwilligenagentur der Diakonie München und Oberbayern Menschen, die Lust haben, sich zu engagieren. Seit der virtuellen Eröffnung des "z'sam" im Januar 2021 zählte die Kulturwissenschaftlerin 120 Beratungsgespräche. Dazu kamen rund 220 Spontanbesuche, seit der Laden im Juli 2021 endlich auch den Präsenzbetrieb starten konnte. Das Interesse sei vor allem unter jungen Menschen groß: "35 Prozent der Interessierten sind unter 29 Jahre", sagte Bankauf, die zuvor schon im Koordinationsteam der Diakonie für die rund 500 Ehrenamtlichen in Münchner Flüchtlingsunterkünften tätig war.

Z'sam ist die kleinste Freiwilligenagentur in München

Das "z'sam" ist die jüngste und derzeit kleinste Freiwilligenagentur in München, die sich auch bei der - diesmal digitalen - Freiwilligenmesse am Sonntag (23. Januar) präsentiert.  Neben dem Flagschiff "Tatendrang", 1980 als erste deutsche Ehrenamtsbörse in München gegründet, den fünf Freiwilligenzentren der Caritas und der Stiftung "Gute Tat" bietet auch das "z’sam" Beratung, Vermittlung und Projekte rund ums Ehrenamt an - stadtviertel- und trägerübergreifend. Bayernweit sind rund 120 Freiwilligenagenturen tätig. In die Quere kommen sie sich nicht: "Ehrenamtliche melden sich dort, wo sie sich gut aufgehoben fühlen - so ergänzen wir uns", sagt Bankauf.

Bei der Caritas sieht man das genauso: "In einer großen Stadt wie München ist jeder Akteur wichtig, um interessierten Menschen den Weg ins Engagement zu erleichtern", sagt eine Sprecherin. Luft nach oben gibt es: Zwar engagieren sich in Deutschland laut der aktuellen Freiwilligen-Erhebung von 2019 schon 39,7 Prozent der Ab-14-Jährigen - zugleich kann sich mehr als die Hälfte der bislang Nicht-Engagierten ein Ehrenamt vorstellen.

Freiwilligenmanagement ist bisher unterschätzt 

"Das ist ein sehr großes Potential für alle Engagement-Organisationen", sagt Beatrix Hertle, Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft für Freiwilligen-Agenturen (Lagfa) in Bayern. Oft gebe es aber externe Hürden für ein Ehrenamt, wie Sprachbarrieren, fehlende Zugänge für Menschen mit Behinderung oder Formate für Menschen, die mehr Anleitung brauchen. Zudem scheitere eine dauerhafte Bindung von Freiwilligen oft am mangelnden Freiwilligenmanagement, so Hertle.

Beide Punkte hat Sabine Bankauf vom "z'sam" auf ihrer Agenda. "Wir legen mit unserem Projekt 'Miteinander leben - Ehrenamt verbindet' einen Schwerpunkt auf das Thema Teilhabe", erläutert die 41-Jährige. Derzeit stammten Ehrenamtliche laut Freiwilligen-Studie eher aus dem bildungsnahen Milieu. Beim "z'sam" wolle man versuchen, auch Beteiligungsformen für Geflüchtete oder Menschen in prekären Lebenssituationen zu finden. "Warum soll der Kunde bei der Münchner Tafel nicht auch auf der anderen Seite des Tischs stehen können?", zitiert Bankauf ihren Chef, den Diakonie-Vorstand und Pfarrer Thorsten Nolting.

Organisationen rund ums Ehrenamt sollen ausgebaut werden 

Doch ohne ein gutes Freiwilligenmanagements läuft nichts. Das will Bankauf auch den Kirchengemeinden vermitteln, die wegen des Stellenrückgangs in den nächsten Jahren noch stärker als bisher auf Ehrenamtliche angewiesen sein werden. "Kirchengemeinden brauchen eine Struktur, ein Konzept und Kapazitäten, um Ehrenamtliche zu gewinnen", sagt die Expertin. Wer Freiwillige auch langfristig binden wolle, müsse einen Ansprechpartner, Schnupperphasen und Zwischengespräche anbieten, für feste Einsatzzeiten, Anerkennungskultur und Partizipation sorgen.

Derzeit baut Sabine Bankauf das Netzwerk zu externen und kirchlichen Stellen aus: Die Evangelischen Dienste München (EDM) mit ihrem Oma-Opa-Service oder dem Friedhofsbegleitdienst sind natürliche Partner, ebenso das Evangelische Bildungswerk (ebw), mit dem Bankauf einen Kurs zum Freiwilligenmanagement anbieten will. Damit in München beim Ehrenamt künftig noch mehr z'sam geht.