Herr Deyerl, bitte stellen Sie sich doch kurz vor.

Kilian Deyerl: Ich bin 24 Jahre alt und im Dekanatsbezirk Altdorf groß geworden. Dort mache ich seit langer Zeit Jugendarbeit und bin Mitglied in der Landessynode.

"Die Jugendbeteiligung ist in unserer Kirche noch ausbaufähig."

Sie sind einer der jüngsten Synodalen. Wie gut sehen Sie denn die junge Perspektive in der Synode vertreten?

Deyerl: Ich bin einer der drei Jugend-Synodalen, die von der Evangelischen Jugend in Bayern entsendet werden. Unser Job ist es, genau diese junge Perspektive miteinzubringen. Insgesamt ist die Thematik Jugendbeteiligung in unserer Kirche allerdings noch ausbaufähig. Wenn man sich den Beschluss des Lutherischen Weltbundes anschaut, der fordert, dass 20 Prozent der Gremien-Mitglieder in den leitenden Organen unter 30 Jahre alt sein sollten – liegen wir in der Landessynode zahlenmäßig noch darunter. Auf den anderen Ebenen, ob in Kirchenvorständen oder Dekanatsbezirken, sieht es leider nicht sonderlich anders aus.

Welche Themen, die gerade aus der Perspektive der Jugend wichtig sind, wollen Sie gerne in die Synode einbringen?

Deyerl: Ein wichtiges Thema ist allgemein die Frage nach einer generationengerechten Kirche. Es ist klar, dass junge Menschen beteiligt werden müssen. Das ist kein Selbstzweck, sondern sie tragen auch die Entscheidungen von heute im Morgen. Bei der vergangenen Tagung der Synode hatten wir einen Antrag gestellt, der auch beschlossen wurde, dass ein Klimaschutzgesetz entwickelt werden soll, damit wir im Bereich Klimaschutz als Kirche auch unser ganz unser eigenes Handeln mal betrachten und überlegen, wie wir Emissionen im Rahmen unserer Arbeit einsparen können. Nicht mehr immer nur davon reden, sondern auch wirklich mal etwas tun in Bezug auf die eigene Organisation.

Leider wurde bereits an dieser Synode von Seiten des Landeskirchenrates angekündigt, dass man die Gesetzesvorlage nicht fristgerecht entsprechend des Beschlusses bis zur Herbstsynode 2022 vorlegen kann. Vermutlich könne das Klimaschutzgesetz erst im Jahr 2024 beschlossen werden. Das dauert meiner Ansicht nach zu lange und ist mit Blick auf die Herausforderungen, die vor uns liegen, und die Dringlichkeit der Thematik zu spät. Dieser Verantwortung muss sich die Kirchenleitung schneller stellen.

"Wir müssen sprachfähig darüber werden, was Christsein bedeutet."

Ein großes Thema soll dieses Mal auch die Zukunft der Kirche sein. Welche Themen sind Ihnen in diesem Zusammenhang wichtig?

Deyerl: Wenn wir über die Zukunft der Kirche nicht im organisatorischen und ganz praktischen Sinn sprechen, wäre das für mich, dass man unser Bild von Christsein, dass wir nach außen tragen und auch die verschiedenen Ausdrucksformen, die damit zusammenhängen, noch mal diskutiert und sich das ansieht. Was heißt eigentlich heute, Christ zu sein? Wir müssen sprachfähig darüber werden, was Christsein bedeutet oder weshalb man das auch in Gemeinschaft tun sollte. Die Frage ‚Was bringt es mir?‘ ist in der individualisierten Gesellschaft durchaus angebracht. Das ist natürlich keine einfache Frage. Ich würde auch niemals behaupten, dass ich da schon finale Antworten habe. Aber ich glaube, das Wichtige ist, dass man die Möglichkeit, den Raum eröffnet, darüber ins Gespräch zu kommen. Und zwar miteinander, aber auch mit Menschen über die Grenzen der Kirche hinaus.

Welche Rolle sollte ehrenamtliches Engagement in der Kirche der Zukunft spielen?

Deyerl: Die Kirche der Zukunft wird noch sehr viel ehrenamtlicher werden. Die Rolle des Ehrenamts muss sich verändern, auch die Wertschätzung und das Ausmaß an ehrenamtlicher Beteiligung und Mitarbeit. Wir müssen gleichzeitig aber auch über die Rolle unserer Hauptberuflichen nachdenken, weil das natürlich etwas mit der Rolle macht, wenn die plötzlich ganz anders agieren müssen: Nämlich eher im Bereich Ehrenamt-Koordination. Man ist nicht mehr der, der alles alleine tun kann und initiiert, sondern eigentlich nur noch der, der den Raum ermöglicht, damit andere Dinge tun können und sich mit ihren Fähigkeiten einbringen können. Das kommt mir in der Diskussion noch etwas zu kurz.

Fühlen Sie selbst sich den bei der Ausübung Ihrer Ehrenämter genug wertgeschätzt?

Deyerl: Ich kann sagen, dass ich schon sehr viel Wertschätzung erfahren habe, aber ich kann die Frage auch nicht immer mit Ja beantworten. Die Wertschätzung von Ehrenamt ist auch eine Kulturfrage. Es ist beispielsweise häufig so, dass Sitzungszeiten so gewählt werden, dass Ehrenamtliche entweder nicht daran teilnehmen können oder es mithilfe von Urlaub oder Sonderurlaub organisieren müssen. Da müsste meiner Ansicht nach noch häufiger auf Ehrenamtliche Rücksicht genommen werden. Außerdem ist auch wichtig, Formate der Wertschätzung und Unterstützung zu etablieren, ob Empfänge, Arbeitsmaterialien, Aufwandsentschädigungen usw.

"Kommunikation ist eine Aufgabe, für die wir auch als Synodale Verantwortung tragen."

Was kann die Synode tun, damit Entscheidungen nachvollziehbarer sind?

Deyerl: In einem demokratisch organisierten Gemeinwesen, worunter ich auch die Institution Kirche fassen würde, ist es immer wichtig, dass viel kommuniziert wird. Was tun wir als Kirchenleitung, was entscheiden wir? Kommunikation ist eine Aufgabe, für die wir auch als Synodale Verantwortung tragen. Das ist natürlich nicht immer leicht, insbesondere mit Blick darauf, dass die Themen immer komplexer werden und wir zum Teil über Dinge entscheiden, wo es selbst Synodalen schon schwerfällt, komplett durchzusteigen und sich einzuarbeiten. Und wenn wir effizienter werden und mehr Zusammenarbeit in Regionen, zwischen Arbeitsfeldern und Einrichtungen und zwischen den Ebenen ermöglichen wollen, braucht es noch mehr Form der Kommunikation.

Welches Thema finden Sie bei der Synode dieses Mal besonders wichtig?

Deyerl: Ich bringe mit einer Reihe von weiteren Synodalen zwei Gesetzesvorlagen ein, zum Thema Bischofswahl. Einmal in Bezug auf das Wahlverfahren, das wir transparenter gestalten und die Öffentlichkeit mehr einbeziehen wollen. Und zum Zweiten die Fragestellung: Wie lange sollten Führungskräfte in unserer Kirche in ihren Ämtern sein und inwieweit sind sie auch rückgebunden an die Gremien, die sie wählen? Das wollen wir exemplarisch am Amt des Landesbischofs, das nächstes Jahr über eine Wahl der Synode neu besetzt werden soll, behandeln.

Wie begründen Sie denn eine Verkürzung der Amtszeit des Landesbischofs auf sechs Jahre? Die Kritik daran lautet, das wäre zu kurz, um langfristig zu denken.

Deyerl: Ich würde behaupten, dass man bei sechs Jahren dennoch weiter als eine Wahlperiode denken kann. Und unser Vorschlag beinhaltet auch, dass man sich nicht nur einmal wählen lassen kann.

"Ich denke, dass zwölf Jahre Amtszeit für einen Landesbischof zu lang sind."

Würde das nicht dazu führen, dass der oder die Landesbischöf*in nur noch Dinge tut, um eine Wiederwahl zu sichern?

Deyerl: Davon gehe ich, um ehrlich zu sein, nicht aus. Prinzipiell ist das natürlich immer ein Spannungsfeld, allerdings ist eine Rückbindung in einem demokratischen Gemeinwesen auch notwendig. Man hat diese Fragestellung ja übrigens auch in anderen öffentlichen Körperschaften, ob das jetzt Universitätspräsidenten sind oder Dezernenten in der Kommunalverwaltung: Man muss sich immer überlegen, was eine gute Zeit ist. Unter sechs Jahre könnte etwas zu kurz sein. Man kann auch über acht Jahre nachdenken. Ich denke nur, dass zwölf Jahre eigentlich zu lang sind mit Blick auf eine Kirche, die sich in einem Wandel befindet, der sich zudem in einem gesellschaftlichen Umfeld vollziehen muss, was sich immer mehr verändert.