Das evangelische Dekanat Ingolstadt – Slogan: "Der Dekanatsbezirk in der Mitte Bayerns" – befindet sich in Oberbayern und damit auf traditionell katholischem Terrain. Je nach Region liegt der Anteil evangelischer Christen im Dekanatsbezirk zwischen 3 und 26 Prozent. Aber!  

Auch mit Blick auf den Protestantismus hat das Gebiet historisch gesehen einiges zu bieten. Eine Pionierleistung und eine furchtlose Kämpferin für die Reformation zum Beispiel.

Kapelle ist der älteste evangelische Kirchenraum der Welt

Da ist zum einen die Schlosskapelle in Neuburg an der Donau. Die Kapelle wurde am 25. April 1543 evangelisch geweiht – damit gilt sie heute weltweit als der älteste für den evangelischen Gottesdienst geschaffene Kirchenraum. Eigentlich sollte die neu gebaute Kapelle katholisch werden. Dass dies anders kam, lag am damaligen Hausherrn von Schloss Neuburg: Pfalzgraf Ottheinrich.  1542, ein Jahr bevor die Schlosskapelle evangelisch geweiht wurde, hatte er in Neuburg an der Donau die Reformation eingeführt.

Über 70 Jahre lang wurden in der Schlosskapelle evangelische Gottesdienste gefeiert. Dann kam das Jahr 1614 und Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm führte die Gegenreformation ein. Evangelische Gottesdienste waren fortan verboten, der Kirchenraum wurde profanisiert. Das änderte sich erst 1849, als die einstige Hofkapelle wieder für evangelische Gottesdienste genutzt wurde.

Argula von Grumbach & die Reformation

Auch eine treibende weibliche Kraft der Reformation war auf dem Gebiet des heutigen Dekanats Ingolstadt zuhause: Argula von Grumbach. Sie wurde 1492, in dem Jahr also, als Christoph Kolumbus Amerika entdeckte, als Reichsfreiin von Stauff auf Burg Ehrenfels in der Oberpfalz geboren. Mit 18 Jahren zog sie nach dem Pesttod ihrer Eltern in das Schloss Lenting. Dort lebte sie 20 Jahre lang, auch nach ihrer Hochzeit mit dem fränkischen Reichsritter Friedrich von Grumbach im Jahr 1516. Lenting gehört heute zur Kirchengemeinde St. Paulus im Dekanat Ingolstadt.

Argula von Grumbach begeisterte sich für die Gedanken der Reformatoren, die wiederum von ihr begeistert waren. Martin Luther etwa, dem sie nicht nur Briefe schrieb, sondern den sie auch 1530 an seinem Zufluchtsort in der Veste Coburg besuchte, nannte sie "Jüngerin Christi" und sagte über sie:

"Jene Argula errettet und führt Christus zum Sieg".

Denn Argula scheute nicht davor zurück, Partei für die Lutheraner zu ergreifen – etwa indem sie einen empörten Brief schrieb an Leonhard von Eck, Berater des Herzogs von Bayern und als Protekor einer wissenschaftlichen Vereinigung an der Bayrischen Landesuniversität in Ingolstadt (die erste Universität in Bayern) engagiert.

Leonhard von Eck ist übrigens nicht zu verwechseln mit dem papsttreuen Ingolstädter Theologieprofessor Johannes Eck. Das war jener Dr. Eck, der häufig als Erzfeind und Gegenspieler Luthers bezeichnet wird. Berühmt ist das Rededuell der beiden 1519, das als "Leipziger Disputation" Eingang in die Geschichtsbücher gefunden hat. Und jener Dr. Eck war es auch, der von einer Reise zum Papst in Rom für Luther die Bann-Androhungsbulle ("Exsurge Domine") mitgebracht hatte, die der Reformator verbrannte – Luther soll Eck übrigens mit Namen wie "das Schwein aus Ingolstadt" oder Eck-"Dreck" verhöhnt haben.

Für diesen Theologen legte sich Argula mit Ingolstädter Professoren an

Der andere Ingolstädter Eck, Leonhard von Eck, hatte verlangt, dass der aus München stammende Arsacius Seehofer, der Theologie zunächst in Ingolstadt und dann in Wittenberg bei Philipp Melanchthon studiert hatte, 1522 nur für seine Magisterstudien an die Ingolstädter Uni zurückkehren dürfe, wenn er per Eid schwor, nicht der Lehre Luthers anzuhängen.

Arsacius Seehofer ließ sich nicht darauf ein, wurde eingesperrt, seine Wohnung durchsucht. Nachdem dort Schriften Luthers gefunden worden waren, sollte ihm der Ketzerprozess gemacht werden – der Anlass für Argula von Grumbachs geharnischten Brief,  in dem sie den Gelehrten der Ingolstädter Uni vorwarf, Sünden wider den Heiligen Geist begangen und "töricht und gewalttätig wider das Wort Gottes" gehandelt zu haben. Dass eine Frau es wagte, sich mit Theologen anzulegen – das schlug damals in Ingolstadt hohe Wellen.

Von Argula von Grumbach überliefert ist auch der Satz: "Ich habe euch kein Frauengeschwätz geschrieben, sondern das Wort Gottes als ein Glied der christlichen Kirche". Mit ihrem Bekenntnis zur lutherischen Lehre riskierte sie ihre Verhaftung. Und einigen Ärger mit der Familie, ihre Ehe soll daran zerbrochen sein.

Arsacius Seehofer und Horst Seehofer

Apropos Arsacius Seehofer. Bei dem Familiennamen liegt die Frage natürlich nahe, ob es sich bei dem Anhänger der Reformation aus dem 16. Jahrhundert um einen Vorfahren des ehemaligen bayerischen CSU-Ministerpräsidenten und mehrmaligen Bundesministers Horst Seehofer gehandelt haben könnte. Der stammt bekanntermaßen ebenfalls aus Ingolstadt, lebt noch immer hier, ist allerdings katholisch.

Antwort: Nichts Genaues weiß man nicht. Zumindest Horst Seehofer nach eigener Aussage nicht. Der nämlich ließ vor Jahren in einem Interview mit dem Sonntagsblatt durchblicken, dass er den Namen Arsacius Seehofer nur aus dem Ingolstädter Stadtmuseum kenne und sich schon lange vorgenommen habe, "der Sache einmal tiefer auf den Grund" zu gehen – also Ahnenforschung zu betreiben. "Jedenfalls glaube ich", so Seehofer in dem Interview, "dass wir uns in einigen Eigenschaften ähneln".

Dekanat Ingolstadt digital

Heute gehören zum Dekanatsbezirk Ingolstadt mit dem Dekanspaar Gabriele und Thomas Schwarz an der Spitze rund 59.000 evangelische Christen in 19 Kirchengemeinden. Das Dekanat Ingolstadt ist digital sehr präsent: Predigten, Andachten und Konzerte veröffentlicht das Dekanat regelmäßig auf der Webseite "Evangelisch Digital".

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