Im Juni vergangenen Jahres hat das oberbayerische Rosenheim seine ersten Stolpersteine bekommen. Die sieben Erinnerungsmale an Opfer des NS-Regimes wurden von der Initiative für Erinnerungskultur auf Privatgrund verlegt, da sich die Stadt nicht an der Aktion beteiligen wollte. In einer Stadtratssitzung am Dienstag, 15. Februar stand ein interfraktioneller Antrag von 16 Stadträten zur Debatte, Stolpersteine auf öffentlichem Grund zu befürworten. Thomas Nowotny, Sprecher der Initiative Erinnerungskultur, hofft auf eine erste Verlegung am 7. März.

Herr Nowotny, warum hat sich die Stadt Rosenheim bisher gegen Stolpersteine ausgesprochen?

Thomas Nowotny: Eines der Argumente ist, dass Menschen auf den Steinen "herumtrampeln" und damit das Gedenken "mit Füßen treten" und dass viele jüdische Vertreter selbst gegen diese Form sind. Das ist aber nicht richtig. Ja, einige wenige Verwandte von NS-Opfern stören sich daran, dass die Gedenktafeln auf dem Gehweg verlegt sind. Doch die allermeisten Angehörigen sehen es wie ich: Indem wir die Namen lesen, senken wir unseren Kopf und verbeugen uns damit vor den Opfern.

Besonders perfide und vor allem widerlegt finde ich den Vorwurf, der Künstler Gunter Demnig würde sich an dem Projekt bereichern. Geldgier ist ja auch ein altes antisemitisches Klischee und hat in diesem Zusammenhang also einen besonders bitteren Geschmack. Wir werden juristisch dagegen vorgehen, damit dieses Argument nicht weiter verbreitet wird.

"Wir sind schon mehrfach abgeblitzt und auch, dass die Stadt selbst etwas initiiert hat, ist lange her."

Als Initiative Erinnerungskultur sind sie offen auch für andere Formen des Gedenkens und organisieren Veranstaltungen, Stadtrundgänge, Vorträge oder Projektionen. Wie war die Unterstützung von Seiten der Stadt dabei bisher?

Nowotny: Bescheiden. Wir sind schon mehrfach abgeblitzt und auch, dass die Stadt selbst etwas initiiert hat, ist lange her. Sie macht hier viel zu wenig in Eigenregie. Wir haben das Gespräch gesucht, wir würden auch andere Vorschläge befürworten. Ein ehemaliger zweiter Bürgermeister Rosenheims hat etwa kürzlich eine Stele als Erinnerung an die ermordeten Juden ins Gespräch gebracht - da haben wir nichts dagegen. Nur: Eine Stele reicht lange nicht.

Welche Entscheidung erwarten Sie von den nun anstehenden Sitzungen und was machen Sie, wenn entschieden wird, dass die Stolpersteine am 7. März nicht verlegt werden dürfen?

Nowotny: Ich gehe davon aus, dass bei der Hauptausschusssitzung an diesem Dienstag die Stadtverwaltung gegen den Antrag votieren wird. Eine Woche später stimmt dann der Stadtrat ab. Ich denke der Ausgang da ist völlig offen. Sollte entschieden werden, dass es weiterhin keine Stolpersteine auf öffentlichem Grund in Rosenheim geben darf, dann machen wir am 7. März eine öffentliche feierliche "Nichtverlegung".