Geboren 1911 in Köln als Tochter des Bankiers Carl Theodor Deichmann und seiner Frau Ada, wächst Freya in einer wohlhabenden Umgebung auf. Nach der Mittleren Reife besucht sie eine landwirtschaftliche Frauenschule, holt ihr Abitur nach und studiert in Köln Rechtswissenschaft. 1935 wird sie an der Humboldt-Universität zu Berlin promoviert.
1929 lernt sie den vier Jahre älteren Helmuth James von Moltke kennen, zwei Jahre später heiratet das Paar in Köln. Als 1935 die Schwiegermutter Dorothy von Moltke stirbt, übernimmt Freya die Verantwortung für das schlesische Gut Kreisau. Sie kümmert sich um die Finanzen und die Fruchtplanung und bemüht sich um den hoch verschuldeten Hof, der über 486 Hektar Land verfügt und knapp 60 Arbeiter beschäftigt. Freya liebt das Landleben:
"Das Wachsen, Blühen, zur-Ernte-Kommen zu beobachten! Jahrein, jahraus, mit Helmuth allein stundenlang über die Felder zu gehen, das sind die glücklichsten Erinnerungen meiner Kreisauer Zeit".
Ihr Mann Helmuth arbeitet überwiegend in Berlin. Der Jurist ist im Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht als Sachverständiger für Kriegs- und Völkerrecht tätig. Dort nutzt er seine Position, um Verfolgte zu unterstützen. Er gehört frühzeitig zu den Menschen, die sich gegen das NS-Regime stellen.
Ehepaar von Moltke: Kreisauer Kreis wird wichtiger Treffpunkt des Widerstands
Während des Nationalsozialismus wird das sogenannte "Berghaus", in dem das Paar wohnt, zu einem wichtigen Treffpunkt des Widerstands. Der Kreisauer Kreis, wie die Gruppe später genannt wird, entwickelt Ideen für den Wiederaufbau eines demokratischen Deutschlands nach dem Ende des NS-Regimes. Hier treffen sich Menschen verschiedener sozialer, politischer und konfessioneller Herkunft: die Sozialdemokraten Carlo Mierendorff, Julius Leber und Adolf Reichwein, die Jesuiten Augustin Rösch und Alfred Delp, der evangelische Pfarrer Harald Poelchau oder die Juristen Adam von Trott zu Solz und Peter Yorck von Wartenburg.
Das Ehepaar von Moltke ist sich sehr nahe. In ihren zahlreichen Briefen schreiben sie über den Alltag, vergewissern sich aber auch gegenseitig ihrer Liebe und ihres Engagements gegen den Nationalsozialismus:
"Ich jammere auch nicht, denn unser Leben müssen wir bereit sein einzusetzen. Ich billige alles, was Du tatest, aus Herzensgrund", schreibt Freya an Helmuth James von Moltke am 6. Januar 1945. Wenige Tage später, am 19. Januar, wird Helmuth von Moltke von der Gestapo verhaftet.
Er kommt in das Konzentrationslager Ravensbrück und wird später in das Gefängnis Berlin-Tegel verlegt, wo sein Freund und Mitwisser Harald Poelchau als Gefängnispfarrer arbeitet. Poelchau schmuggelt die Briefe, und Freya versteckt sie in Kreisau im Bienenstock. Das Paar arbeitet an einem Gnadengesuch und an der Verteidigung. Vergeblich. Am 23. Januar 1945 wird Moltke vor dem Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
Freya von Moltke bleibt mit ihren beiden kleinen Söhnen Helmuth Caspar und Konrad zurück. Kurz vor Kriegsende muss sie den Gutshof in Kreisau verlassen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs zieht Freya von Moltke mit ihren Kindern nach Südafrika, wo sie als Sozialarbeiterin tätig ist. 1956 kehrt sie nach Deutschland zurück, emigriert jedoch vier Jahre später in die USA – zusammen mit ihrem Partner Eugen Rosenstock-Huessy, einem Kulturphilosophen, der 1973 stirbt.
Gründung der Freya von Moltke-Stiftung
Sie setzt sich dafür ein, dass der Widerstand nicht in Vergessenheit gerät. 1988 erscheinen die "Briefe an Freya", die Helmuth James in Kriegs- und Vorkriegszeiten an seine Frau geschrieben hat. Auf Vortragsreisen durch die USA und in Deutschland spricht sie vom Widerstand und dem Kreisauer Kreis. Und sie unterstützt die Gründung der Freya von Moltke-Stiftung für das Neue Kreisau in Polen, mit der eine internationale Begegnungsstätte geschaffen wird.
Freya von Moltke stirbt 2010 mit 98 Jahren im US-amerikanischen Norwich in Vermont. Ihr Sohn Helmuth Caspar von Moltke führt das Engagement der Mutter als Stiftungsratsvorsitzender fort. Er sorgt auch für die Publikation der Briefe, die sich das Paar von September 1944 bis zum Tag der Hinrichtung des Vaters am 23. Januar 1945 geschrieben hat. "Wer meinen Mann kennenlernen will, muss seine Briefe lesen", hat Freya von Moltke einmal gesagt. Und im Grunde trifft das auf sie genauso zu.
Literatur Freya von Moltke
- Sylke Tempel: Freya von Moltke - Ein Leben. Ein Jahrhundert. Rowohlt Berlin
- Frauke Geyken: Freya von Moltke - Ein Jahrhundertleben. Beck Verlag München
- Freya von Moltke und Helmuth von Moltke: Abschiedsbriefe Gefängnis Tegel: September 1944 - Januar 1945, Beck Verlag München
Ausstellung "Frauen im Widerstand gegen Nationalsozialismus"
Die Ausstellung "Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus" stellt Frauen vor, die sich mutig gegen das NS-Regime gestellt haben. Diese Frauen halfen jüdischen Bürgerinnen und Bürgern, besorgten gefälschte Papiere, organisierten den Widerstand oder verteilten Schriften. Die Ausstellung zeigt prominente und weniger bekannte Frauen aus allen sozialen Schichten und politischen Lagern und verdeutlicht die Vielschichtigkeit des Widerstands sowie die Bedeutung dieser Geschichte für uns heute. Das Dossier mit den Porträts aller Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus finden Sie unter diesem Link.
Die Plakatausstellung ist ab 299 Euro in den Formaten A1, A2 und A3 erhältlich. Die Ausstellung eignet sich besonders für Bildungseinrichtungen wie Bibliotheken, Schulen, Volkshochschulen, aber auch für Gemeinden, Kommunen oder Verbände. LeihnehmerInnen erhalten kostenloses Pressematerial sowie eine Plakatvorlage und Pressefotos für die Werbung. Weitere Infos zur Ausstellung: ausstellung-leihen.de/frauen-widerstand-ausstellung
Diese Frauen sind Teil der Ausstellung "Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus”:
- HANSCHE, Hildegard (1896-1992)
- VADERS, Maria (1922-1996)
- INAYAT KHAN, Noor-un-Nisa (1914-1944)
- SEIDENBERGER, Maria (1927-2011)
- STREWE, Lucie (1887-1981)
- BEEK, Cato Bontjes van (1920-1943)
- MOLTKE, Freya Gräfin von (1911-2010)
- ROTHE, Margaretha (1919-1945)
- BERGER, Hilde (1914-2011)
- LEBER, Annedore (1904-1968)
- KARMINSKI, Hannah (1897-1943)
- OVEN, Margarethe von (1904-1991)
- FITTKO, Lisa (1909-2005)
- HAAG, Lina (1907-2012)
- ABEGG, Elisabeth (1882-1974)
- MENSAH-SCHRAMM, Irmela (*1945)
- REICHERT-WALD, Orli (1914-1962)
- KERN, Katharina Käthe (1900-1985)
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